Wenn die Seele leidet – Hintergründe der Depression und Therapieansätze

Wenn die Seele leidet – Hintergründe der Depression und Therapieansätze

Wenn die Seele leidet – Hintergründe der Depression und Therapieansätze: Depressionen sind neben Angst- und Suchterkrankungen die häufigsten psychischen Störungen. Aktuelle Zahlen des wissenschaftlichen Instituts der AOK zeigen, dass in Deutschland rund 9,49 Millionen Menschen davon betroffen sind. Etwa 16 Prozent der Bevölkerung leiden mindestens einmal im Leben an dieser schweren Gemütserkrankung, und die Dunkelziffer ist hoch. Nur etwa 21 Prozent der depressiven Patienten finden auch psychotherapeutische Hilfe. Frauen sind dabei doppelt so häufig betroffen wie Männer.

Was genau eine Depression ist, welche Hintergründe es dafür gibt und wie sich ein innerer Ausweg finden lässt, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Was ist eine Depression?

Depressionen zeigen sich insbesondere durch charakteristische Verstimmungen wie:

  • Niedergeschlagenheit,
  • eine pessimistische Grundhaltung,
  • Verzagtheit,
  • Angst,
  • Freudlosigkeit
  • oder Schlaflosigkeit

und sind mit einem geringen Selbstwertgefühl und diffusen körperlichen Symptomen verbunden.

Der schottische Arzt William Cullen (1710–1790) stellte den Begriff Depression zum ersten Mal in einen medizinischen Kontext und sah die Gründe in einem erniedrigten Druck des Nervensaftes, der zu einer Melancholie führt. Im Jahr 1833 tauchte das Wort Depression erstmals in einem deutschen Wörterbuch auf und man erklärte sich zu dieser Zeit den Begriff als einen Zustand des Niedergedrücktseins.

Auch in der psychotherapeutischen Heilpraktikerpraxis ist die Depression eine der gängigsten oft chronischen Störungen, die mit anderen psychischen Erkrankungen einhergehen können. Und so ist es ratsam, sich ein wenig auszukennen mit den Verbindungen von:

  • Stimmung,
  • Denken,
  • Prägungen,
  • Biografie der Patienten,
  • Persönlichkeit
  • und Charakter.

Oft verbindet sich mit Gemütszuständen dieser Art ein ängstliches, gehemmtes oder selbstunsicheres Verhalten. Deutlich wird es in der Therapie auch durch chronische Belastungen und Konflikte, die die Betroffenen aus ihrer Kindheit mitbringen und die reaktiviert werden – das heißt immer wieder aktuell auftreten.

Doch was sind die Hintergründe der Depression?

Das fragile Gleichgewicht des Selbstwerts und die Ursachen von Depression

Der Mensch strebt täglich nach seinem seelischen Gleichgewicht, um sein Selbstwertgefühl zu stabilisieren. Dieses Prinzip der Homöostase, das Finden der eigenen Mitte, entwickelt sich zwischen zwei Stimmungspolen:

  • dem der depressiv-gefühlsreduzierten Stimmung
  • und dem der euphorisch-übersteigerten Affekte.

In der Depression zeigt sich vielfach, dass sich das Selbstwerterleben im Laufe der Entwicklung weniger gut entwickeln konnte, irritiert oder gar gestört wurde. Es herrscht ein Mangel an Selbstakzeptanz, der einen selbstschädigenden Kreislauf in Denken, Fühlen und Handeln in Gang setzt. Das Urgefühl der Depression ist das Erleben von Schwere und Schwermut, das etwas existenziell Menschliches darstellt.

Dieses Erleben kann ausgelöst werden durch Faktoren wie:

  • Leistungsdruck,
  • Stress,
  • Kränkungen,
  • Konflikte in Beziehungen,
  • Kummer,
  • Enttäuschungen,
  • Einsamkeit oder
  • Sinnverlust im Alltag.

So können Depressionen dann durch unbewusste Fehlhaltungen und falsche Bewältigungsstrategien wie:

  • „Ich darf nicht entspannen.“
  • „Es könnte jederzeit etwas passieren.“
  • „Ich muss immer zuerst für die anderen da sein, erst dann komme ich.“
  • „Ich muss stets leisten.“

intensiviert werden und in Erschöpfung und Überlastung enden.

Dabei spielen kognitive Verzerrungen wie „ich bin nicht richtig und gut so, wie ich bin“ eine Rolle, die das Selbstwertgefühl niederdrücken und meist eine autoaggressive Dynamik zeigen, indem sich Betroffene selbst in Frage stellen und sich als nicht liebenswürdig ansehen. Diese Gefühle können mit Wut und Zorn verbunden sein, die nicht geäußert werden können.

Die Rolle früher Bindungserfahrungen und der Weg zur Selbstwerdung

Viele dieser Vorgänge basieren auf einem erlebten oder gefühlten Mangel. Bedürfnisse wie Liebe, Nähe, Zuwendung oder Aufmerksamkeit wurden meist in der Kindheit nicht erfüllt. Das Resultat ist vielfach ein starkes Leistungsstreben und hohe innere Anforderungen an sich selbst, die nicht immer erreichbar sind und damit erneut das Selbstwertgefühl schmälern.

Nähe und Zuwendung wirken dagegen stärkend auf die seelische Reifung. Sie bilden die Grundlage für ein gesundes Selbstvertrauen und fördern die Fähigkeit, Coping-Strategien bei Belastungen und Krisen zu entwickeln und sich unabhängig zu fühlen. Zu wenig oder zu viel Fürsorge – es ist der Mittelweg, so dass später in der Persönlichkeit kein Gefühl der „Leere“ zurückbleibt.

Die empfindsame Stelle des Menschen ist die Sehnsucht nach Anerkennung und Wertschätzung, die oft durch erfahrene Lieblosigkeit unerfüllt bleibt. Depression kann somit auch als fehlende Ich-Stärke angesehen werden, da eines unterbleibt: Sich die Wertschätzung selbst zu geben.

Der Psychoanalytiker Fritz Riemann (1902–1979) beschrieb dies als „Angst vor der Selbstwerdung“, die den depressiven Menschen stets um den anderen kreisen lässt – und nicht sich selbst im gesunden Maß in den Mittelpunkt stellt. Selbstwerdung wird nach Riemann als ein Zustand des Geborgenheitsverlusts und der Isolation gesehen und dies versucht der depressive Mensch aufgrund seiner Mangelerfahrung zu vermeiden.

Eine zu starke Konzentration auf das Gegenüber oder gar Idealisierung des Du führt jedoch oft zu menschlichen Enttäuschungen – sei es in Partnerschaften, Freundschaften oder Familie. Ebenfalls fehlt damit der natürliche Ausgleich, sich selbst wichtig zu nehmen – eine innere Grenze, die uns unsere innere Autonomie und Unabhängigkeit sichert. Zu viel Du endet in eine Art Verarmung des Ich: Die Mangelsituation, die zur Depression beiträgt, ist wieder hergestellt. Die Beziehung zu einem Teil von sich selbst ist damit verloren gegangen.

Wie findet sich nun ein innerer Ausweg?

Ein wichtiger Ansatz ist ein neues ausgeglicheneres Beziehungserleben mit sich selbst und der Umwelt: „Ich bin wichtig. Mir darf es gut gehen.“ So kann daraus auch eine neue Haltung zu sich selbst entstehen, lang verdrängte Sinn- und Beziehungsfragen geklärt werden. Bestenfalls geschieht dies in einer Psychotherapie.

Ziel ist es, einen konstruktiven Prozess anzuregen, Gefühle anzunehmen und sich innerlich zu stärken:

  • Wer bin ich?
  • Was möchte ich?
  • Was sind meine Stärken?
  • Wie sieht mein Eigenleben aus?
  • Wo sind meine Grenzen?

Diese Fragen führen oft aus der Depression in das Wagnis einer gesunden Ich-Bezogenheit und Selbstakzeptanz. Sich emotional selbst zu versorgen, bedeutet den Mangel auszugleichen und den Reifungsprozess, der nicht möglich war, innerlich nachzuholen. C. G. Jung schrieb einmal dazu:

„Individuation bedeutet […] zum eigenen Selbst werden. Man könnte Individuation darum auch als […] Selbstverwirklichung übersetzen.“ (Quelle: C. G. Jung, Gesammelte Werke, 7, 404)

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Dieser Beitrag wurde von Andrea Maskow verfasst. Sie ist Inhaberin der Deutschen Heilpraktikerschule Wiesbaden.