Heilpflanzen im Porträt: Der Holunder tut Wunder

Heilpflanzen im Porträt: Der Holunder tut Wunder

Viele Sagen und Mythen ranken sich um den vielseitigen Holunder und er fehlte früher in keinem Haus. Holunder tut Wunder heißt es in der Mythe vom Hollerbusch, der zu nichts nutze war, wie er selbst klagte, bevor Frau Holle ihn bei einer ihrer winterlichen Luftfahrten ganz besonders segnete mit duftenden, wohlschmeckenden, heilkräftigen weißen Blüten und violett-schwarzen Beeren, dunkelgrünen Blättern und einer heilwirksamen Rinde.

Bei den Kelten galt der Holunder als heiliger Baum. Er verkörperte die Unendlichkeit des Lebens. Im Winter ruht der Baum, ist „tot“. Im Frühjahr erwacht er zu neuen Leben und läutet im Juni den Frühsommer ein mit dem betörenden Duft der weißen Blütenrispen. Die schwarzen Beeren zeigen im September den herannahenden Herbst an.

Die Botschaft der uralten Pflanze

Der Holunder steht für die Urmutter, die den Prozess des ständigen Wandels von Entstehung, Wachstum und Vergehen begleitet. Die Namensähnlichkeit von Holda, die Muttergöttin aus der germanischen Mythologie, ist nicht zufällig. Der Name Holda (auch Holla oder Hohe, in Grimms Märchen: Frau Holle) bedeutet die Strahlende. Holda wurde als Hausgöttin verehrt. Man brachte ihr Opfergaben zum Holunderbusch. Holda war die Schutzpatronin für Menschen und Pflanzen. Sie vermochte Menschen von Krankheiten zu heilen. In ihr verkörperte sich die Güte von Mutter Erde und das Strahlen des Himmelslichts.

Schneide den Holunder und das Leid wird dein Begleiter sein

Ein Holunder am Haus durfte nicht gefällt oder beschädigt werden. Krankheit und Tod, so hieß es, seien die Folgen. Aus dem 17. und 18. Jahrhundert ist überliefert, dass die Menschen den Holunder um Verzeihung baten, wenn sie ihn fällen mussten. Nur Witwen und Kinder durften dies tun. Eine alte Bauernweisheit besagt: Willst du aus dem Leben scheiden, tue den Holunder schneiden.

Das Wissen um die heilenden Kräfte des Holunders hat alle Zeiten überdauert

Seit jeher spielt der magische Holunder in der Volksheilkunde eine wichtige Rolle als Heil- und Schutzpflanze und hat eine lange Tradition in der Naturheilkunde. Ein Holunder im Garten ist so wertvoll wie eine ganze Apotheke, sagt der Volksmund. Bis in unsere Zeit gilt der Holunder als ‚lebende Apotheke‘. Verwendet werden heute in der Regel nur die Blüten und die reifen Beeren. Diese sind reich an Anthocyanen mit hoher antioxidativer Aktivität, beinhalten ätherische Öle, Gerb- und Mineralstoffe wie z.B. Kaliumsalze und Vitamin C. Daneben enthalten sie die Vitamine A, B1, B2 sowie Folsäure. Als heilende Helfer des Holunderstrauches sind die Flavonoide die wirksamsten Kämpfer gegen Viren und Bakterien.

Holunder wirkt

  • fiebersenkend
  • krampflösend
  • beruhigend
  • schmerzlindernd
  • entzündungshemmend
  • blutreinigend

und kann u.a. angewendet werden:

  • bei Grippe
  • bei Erkältungen
  • bei Fieber
  • zur Stärkung des Immunsystems
  • bei Rheuma
  • bei Hautunreinheiten
  • bei Verstopfung
  • als Einschlafhilfe

Die zwei Gesichter des Holunders

Als Besonderheit kann der Holunderstrauch als Lebensmittel gleich zweimal im Jahr genossen werden. Von Mai bis Juli können die Blüten als Sirup, Tee oder als Hollerküchel (im Bierteig ausgebacken) verspeist werden. Im Frühherbst bringen die Holunderbeeren als Mus, Saft, Gelee oder Suppe Abwechslung in die Naturküche.

Die Beeren des Holunders sollten allerdings nicht roh verzehrt werden, so gesund sie sonst auch sind. Werden die Beeren roh gegessen, kann es zu Magenkrämpfen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall kommen. Sie beinhalten das Gift Sambunigrin, ein cyanogenes Glycosid, das in Gegenwart von Wasser Blausäure abspaltet. Durch Erhitzen zerfällt das Sambunigrin und verliert so seine toxische Wirkung.

Der Sambucus nigra, so sein botanischer Name, ist nicht nur Apotheke und Nahrung, er kann noch mehr. Schon in der Antike wurde er zum Schwarzfärben der Haare genutzt. Das Geheimnis ist der Farbstoff Sambucyanin, den die Beerenfrüchte enthalten.  Doch nicht nur Haare, auch Leder und Stoffe wurden mit Holunder gefärbt. Heute wird der Farbstoff vor allem in der Lebensmittelindustrie eingesetzt.

Das Trocknen der Holunderblüten

Holunderblüten sollten am besten an einem sonnigen Tag am späten Vormittag als ganze Blütenstände geerntet werden und am Stängel hängend an einem schattigen luftigen Ort getrocknet werden. Um den wertvollen Blütenstaub aufzufangen, empfiehlt es sich, ein Leinentuch oder Papier unterzulegen. Nach dem Trocknen die Blüten von den groben Stängeln abschneiden und die zarten Blüten in einem gut verschlossenen lichtgeschützten Glasgefäß aufbewahren, da sich die ätherischen Öle sehr leicht verflüchtigen.

Zwei ausgewählte Rezepte um Blüte und Beere

1. Holunderblütensirup – Die perfekte Basis für kühle Sommerlimonade und HUGO

Holunderblütensirup schmeckt wunderbar mit Mineralwasser, Ingwer, Zitrone oder Limette als Sommerlimonade. In Kombination mit Prosecco und Minzblättern kann man ihn auch als HUGO genießen.

Zutaten:

  • 2 unbehandelte Zitronen + 25g Zitronensäure (Ascorbinsäure)
  • 30 voll aufgeblühte Holunderdolden (ideal bei Sonne gegen Mittag gesammelt)
  • 1 kg Zucker
  • 1 l Wasser

Zubereitung:

Die Blüten nicht abspülen – in den Blütenpollen sitzt der volle Geschmack! Zuerst Zitronen auspressen und die Schalen aufheben. Den Zucker mit dem Wasser aufkochen. Die Zitronenschalen und den Zitronensaft hinzugeben. Alles abkühlen lassen und die Holunderblütendolden hinzugeben. Den Topf mit einem Tuch abdecken und das Ganze etwa 2 Tage an einem sonnigen Plätzchen ruhen lassen. Nach 2 Tagen die Blütendolden und Zitronenschalen mit einer Schaumkelle herausheben. Nun den Sud durch ein Passiertuch in einen anderen Topf gießen. Die Zitronensäure hinzugeben und den Sud erneut aufkochen. Anschließend den Sirup sofort in die heiß ausgespülten und bereitstehenden Flaschen gießen und diese gut verschließen.

TIPP: Einige Tropfen Holundersirup verleihen Eis, Panna cotta oder Schlagsahne eine frische überraschende Note!

2. Holundersuppe – der Vitamin-C-Booster im Frühherbst

Holundersuppe kann als süßes Hauptgericht mit Buchteln oder Zwieback serviert oder auch als Vor- oder Nachspeise zubereitet werden.

Zutaten:

  • 400 Gramm Holunderbeeren
  • 1 Liter Wasser
  • 1/2 unbehandelte Zitrone
  • 30 g Stärkemehl
  • 75 g Zucker
  • 3-4 Nelken
  • 1 Prise Zimt
  • 1-2 Äpfel

Zubereitung:
Holunderbeeren waschen und mit einer Gabel vom Stil zupfen. Unreife Beeren auslesen. Die Beeren mit Gabel zerdrücken und mit Wasser, abgeriebener Zitronenschale und Nelken kochen. Saft durch ein feines Sieb gießen und mit dem kalt angerührten Stärkemehl andicken. Zitronensaft und Zucker hinzufügen und mit Zimt abschmecken. Kurz vor dem Servieren den Teller mit frisch geriebenem Apfel anrichten.

Seien Sie eingeladen, die Rezepte auszuprobieren und kommen damit gesund durch Sommer und Herbst – bis der Holunder im Spätherbst sich zur Ruhe begibt und Sie im nächsten Jahr mit seinen Gaben wieder begrüßt.

Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) ist einer der Inhalte der Ausbildung zum Heilpraktiker für Naturheilkunde an unserer Schule. Erfahren Sie hier mehr:

Dieser Beitrag wurde von Maika Oechel, Geschäftsbereichsleiterin Naturheilkunde der Deutschen Heilpraktikerschule Leipzig, verfasst.

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