Unsere großen Emotionen – Teil 4: Ode an die Freude: In dieser vierteiligen Beitragsreihe untersuchen wir unsere intensiven Gefühle genauer. Jeder Beitrag konzentriert sich auf eine spezifische Emotion und betrachtet ihre Ursachen sowie den Umgang damit. In diesem vierten Teil geht es um die Freude.
Was ist eigentlich Freude?
Freude gehört mit Wut, Angst und Trauer zu den primären Emotionen, somit ist es also ein Gefühl, das bereits bei Säuglingen vorhanden ist. Mit einer primären Emotion reagieren wir direkt auf eine Situation und im Stoffwechsel tut sich ebenfalls direkt etwas. Wenn wir Freude erleben, sind wir mit uns selbst verbunden, fühlen Leichtigkeit und Sinnhaftigkeit. Freude macht das Leben lebenswert.
Bei Freude wird das Gehirn aktiv
Das Gehirn schüttet mit dieser positiven Emotion in der Amygdala Neurotransmitter wie Dopamin und Serotonin sowie andere Glückshormone, sogenannte Endorphine, aus. Besonders depressive Patienten mit Serotoninmangel, die häufig unter Grübeln und negativen Gedanken leiden, profitieren davon, wenn sie in der Therapie wieder lernen, sich selbst in positive Gedanken und Freude zu bringen. Auch Oxytocin, das Kuschelhormon, wird durch wohlige Gefühle ausgeschüttet. Um dies medikamentös herbeizuführen, wurde in der Forschung bereits ein Nasenspray entwickelt, welches nicht gegen Schnupfen, sondern zur Verbesserung des Wohlbefindens eingesetzt wird.
Positiver Einfluss auf Heilungsprozesse
Ob im Krankenhausambiente oder in der Psychokardiologie, Wohlfühlen:
- trägt zur Entspannung von Muskeln bei,
- lindert Schmerzen
- und stärkt das Chi, wie in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) die Lebenskraft genannt wird, und welche in sogenannten Funktionskreisen im Körper zirkuliert.
Die TCM ordnet die Freude dem Organ Herz zu. Und der relativ neue Forschungszweig Psychokardiologie beschäftigt sich mit dem Einfluss von belastenden Zuständen wie Stress oder Trauer auf die Entstehung von Herzkrankheiten. Umgekehrt tragen daher auch Genießen, Zufriedenheit und Freude zur schnelleren Genesung bei.
Übermaß und Toxic Positivity
Aber übermäßig darf es auch nicht werden. Beim Glücksspiel, mit Drogen oder im Kaufrausch suchen Menschen nach einem besonderen Kick. Im Limbischen System im Gehirn werden bei einem solchen High zu viele der Glücksbotenstoffe ausgeschüttet. Der Einfluss auf die Psyche wird dann ungesund. Menschen grübeln, schlafen schlecht oder sind antriebslos.
Genauso kann eine ständig durchgehaltene Positivstimmung, wie sie oftmals in den Sozialen Medien zu sehen ist, toxisch werden und zu einem ausgelaugten Gefühl führen. Toxic Positivity verdrängt negative Gedanken und verhindert so die Beschäftigung mit ihnen, ebenso wie das Auffinden oder Erarbeiten von neuen Strategien, die wir brauchen, um immer wieder mit Neuem im Leben zurecht zu kommen.
Belohnungsaufschub bewusst praktizieren
Wir brauchen also Ausgeglichenheit, damit wir in unserer Mitte sein können, immer mal wieder Freude aber auch Akzeptanz für negative Gefühle. Ein Auf-und-ab, ein Sowohl-als-auch ist es, was wir anstreben sollten. Dazu gehört auch, Vorfreude zu genießen, geduldig sein und das eigentliche Ereignis erst später zu erleben. Das nennen wir in der Psychotherapie Belohnungsaufschub. In der heutigen so schnell gewordenen Welt klingt dies für manche oder manchen vielleicht unvorstellbar. Ein bisschen Übung bringt langfristig mehr innere Ruhe und Gelassenheit. Probiert es aus, dies ist eine besondere Variante der Achtsamkeit und – es lohnt sich!
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Diese Beitragsreihe zu unseren großen Emotionen – Angst, Wut, Trauer & Freude wurde von Dr. rer. nat. Bettina Klingner verfasst. Sie ist Dozentin für die Ausbildung zum Heilpraktiker für Psychotherapie an der Deutschen Heilpraktikerschule Aschaffenburg.
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