Wegbereiterinnen der Psychologie und Psychotherapie – Teil 2: Laura Perls

Wegbereiterinnen der Psychologie und Psychotherapie – Teil 2: Laura Perls

Wegbereiterinnen der Psychologie und Psychotherapie – Teil 2: Laura Perls: Diesen Monat möchte ich Ihnen eine zweite Wegbereiterin der Psychologie und Psychotherapie vorstellen: Laura „Lore“ Perls (1905–1990), Mitbegründerin der Gestalttherapie.

Laura Perls

„Für mich ist es wichtig, keine therapeutische Rolle zu spielen, sondern den Klienten so zu begegnen, wie ich im Augenblick bin: mich mit meinem Hintergrund, mit allem, was mir an Erfahrung, Wissen und Geschick zur Verfügung steht, in der gegebenen Situation in den Dienst des Dialogs, der Begegnung zu stellen.“ Laura Perls

Laura Perls ist am 15. August 1905 als Lore Posner in Pforzheim geboren und am 13. Juli 1990 auch dort gestorben. Obwohl sie an dem Ort, an dem sie geboren ist, auch gestorben ist, schließt ihre Biografie Fluchterfahrungen und eine Vielzahl von wichtigen Ereignissen mit ein. Denn als Tochter einer jüdischen Familie hat sie Anfang der 30er-Jahre Deutschland verlassen müssen.

Jugend- und Studienzeit

Aber fangen wir weiter vorne an. Als einziges Mädchen besuchte sie in Pforzheim das Reuchlin-Gymnasium. Schon als Kind befasste sie sich mit Musik, Tanz, Literatur und Sprachen und schrieb eigene Gedichte und Geschichten. Auch später flossen diese Einflüsse mit in ihre Arbeit ein.

Anfang der 20er-Jahre ging sie dann nach Frankfurt am Main, um dort Jura zu studieren. Nach wenigen Jahren Jura-Studium wechselte sie jedoch zu Psychologie und Philosophie, absolviert eine psychoanalytische Ausbildung und lernte in dieser Zeit auch Fritz Perls kennen, den sie 1930 heiratete. Der Name Fritz Perls (Frederick S. Perls) ist wahrscheinlich der ein oder anderen Person um ein weites bekannter als der von Laura, auch wenn diese sowohl an der theoretisch-philosophischen Fundierung der Gestalttherapie als auch an deren Körperorientierung entscheidend mitgewirkt hatte.

Kleiner Exkurs zur Gestalttherapie

Die Gestalttherapie ist ein psychotherapeutisch-humanistisches Verfahren, das sich weniger mit dem medizinischen Krankheitsmodell beschäftigt als viel mehr mit dem Erleben und der Kontaktgestaltung im Hier und Jetzt. Der Blick ist hin zu Ressourcen und Lösungen gerichtet und weniger zu Krankheit und Leistung. Aufgrund dieser Sichtweise nutzt die Gestalttherapie auch nicht den Begriff Patient bzw. Patientin, sondern Klient bzw. Klientin.

Erfahren Sie hier gerne noch mehr über die Gestalttherapie.

Flucht, Neuanfang und die Entwicklung der Gestalttherapie

Nach der Hochzeit zogen die beiden dann gemeinsam nach Berlin und bekamen ihre Tochter Renate. 1932 promovierte Laura Perls an der Frankfurter Universität mit einer Dissertation zu einem gestaltpsychologischen Thema und begann anschließend in Berlin zu praktizieren. Dabei war ihre Wohnung auch gleichzeitig ihre Praxis.

Zur gleichen Zeit haben Laura und Fritz noch an verschiedenen politischen Veranstaltungen teilgenommen, um dem Nationalsozialismus etwas entgegenzusetzen, doch 1933 mussten sie aufgrund der Machtergreifung dieser, dann doch untertauchen. Fritz ging direkt nach Amsterdam und Laura ging mit ihrer kleinen Tochter nochmal ein paar Monate zu ihrer Familie nach Pforzheim, da ihr Vater kurz vorher verstarb. Anschließend ging sie mit ihrer Tochter ebenfalls nach Amsterdam. In den darauffolgenden Jahren wurden ihre Mutter und ihre Schwester Opfer des NS-Regimes. Nur ihr Bruder konnte ebenfalls noch fliehen.

Von Amsterdam aus ging sie mit ihrem Mann und ihrer Tochter nach Südafrika, wo sie gemeinsam das erste afrikanische psychoanalytische Institut aufbauten, und anfingen Psychoanalytiker und Psychoanalytikerinnen auszubilden.

1935 wurde dann ihr Sohn Stephen in Johannesburg geboren. Mit dem Start der Apartheitspolitik verließ die Familie Südafrika und ging nach New York. Dort haben sie gemeinsam mit Paul Goodman die Gestalttheorie entwickelt und das „New York Institut for Gestalt Therapy“ gegründet.

Später lebte und arbeitete Fritz vorwiegend an der Westküste, während Laura in New York blieb. Ab Mitte der 1970er-Jahre konzentrierte sich Laura in ihrer Arbeit hauptsächlich auf die Ausbildung von Gestalttherapeuten und -therapeutinnen in den USA und Europa.

Laura Perls als Therapeutin

Laura Perls galt als ruhige, präsente und einfühlsame Therapeutin, die ihren Klienten und Klientinnen Raum zur Entwicklung bot und behutsam Grenzen erweiterte. Ihre therapeutische Arbeit schuf einen geschützten Raum für echte Begegnungen im Hier und Jetzt – geprägt von Vertrauen, Respekt und einem Miteinander auf Augenhöhe. Anders als in der klassischen Psychoanalyse, bei der die Therapeuten und Therapeutinnen als neutrale „weiße Leinwand“ betrachtet werden, brachte Laura bewusst ihre eigene Persönlichkeit, ihre Erfahrungen und ihr Gespür für zwischenmenschliche Dynamiken in den Prozess mit ein. Ihre Art der Gestalttherapie unterschied sich von der ihres Mannes insoweit, dass Fritz Perls für einen eher konfrontativen, provokativen und direkten Stil bekannt war.

Letzte Lebensstation

Laura Perls war bis zu ihrem Tod die Präsidentin des „New York Institut for Gestalt Therapy“. Seit den 70er-Jahren besuchte sie wieder regelmäßig Pforzheim. Als ihr bewusst wurde, dass ihr Leben sich dem Ende zuneigte, trat sie mit Unterstützung ihrer Tochter und der Asche ihres Mannes ihre letzte Reise nach Pforzheim an. Dort verstarb sie am 13. Juli 1990 und wurde an der Seite ihres Vaters sowie der Asche von Fritz Perls beigesetzt.

Quellen:

Hier finden Sie alle Informationen zu unseren Ausbildungen zum Heilpraktiker für Psychotherapie:

Dieser Beitrag wurde von Katharina Scholz, Dozentin für die Ausbildung Heilpraktiker Psychotherapie an der Deutschen Heilpraktikerschule Leipzig, verfasst.