Sozialphobie – wenn soziale Situationen zur Herausforderung werden

Sozialphobie – wenn soziale Situationen zur Herausforderung werden

Sozialphobie – wenn soziale Situationen zur Herausforderung werden: Die Party ist in vollem Gange, alle sind in Feierstimmung und haben gute Laune. Doch das, was vielen im Alltag Spaß macht, kann für Menschen mit Sozialphobie zum Hürdenlauf werden: Auf Feste, Veranstaltungen oder Meetings zu gehen, im Restaurant zu essen, ein Vorstellungsgespräch zu haben oder frei vor anderen zu reden, sind ein Anlass für Stress, Angst und Anspannung.

Was ist eine Sozialphobie?

Jeder von uns ist mal aufgeregt oder ängstlich, wenn ein wichtiger Termin ansteht oder wir vor anderen sprechen. Wenn Angst bei uns jedoch eine gesunde Alarmfunktion hat, um Gefahren zu erkennen und Leistung zu mobilisieren – lähmt die Angst bei der Sozialphobie Geist und Körper. Dagegen wehren kann man sich oft nicht, denn die Angst entsteht stets in Situationen in der Öffentlichkeit, wie z. B. das Essen in Gesellschaft anderer Menschen oder die Teilnahme an Veranstaltungen. Diese Stimuli rufen dann eine sofortige Angstreaktion hervor und dementsprechend werden solche Situationen vermieden sowie soziale Aktivitäten merklich eingeschränkt. Auch kann dies zu deutlichen kommunikativen Einschränkungen wie z. B. beim Sprechen vor einer Gruppe führen.

Wie viele Menschen leiden an einer Sozialphobie?

Von der sozialen Phobie sind in Europa etwa 10 Millionen Menschen betroffen (Statistik, Bundesministerium für Bildung und Forschung, Stand 2014). Phobien, d. h. die Angst vor bestimmten Situationen oder Objekten, gehören allgemein zu den häufigsten Angsterkrankungen, wobei mehr Frauen als Männer betroffen sind, und entstehen oft bereits in der Kindheit. Rund 13 Prozent aller Menschen leiden mindestens einmal in ihrem Leben an einer sozialen Phobie. Diese beginnt in der Regel zwischen dem 16. bis 25. Lebensjahr. Zusätzliche Erkrankungen sind vielfach Depressionen, Alkohol- und Medikamentenmissbrauch.

Was sind die Symptome?

Viele Betroffene schildern Gefühle von Scham und Schüchternheit sowie die Angst:

  • vor ungeschicktem oder gar peinlichem Verhalten,
  • sich vor anderen Menschen zu blamieren,
  • Aufmerksamkeit zu erregen,
  • negativ bewertet oder gar bloßgestellt zu werden.

Diese Gefühle führen meist zu:

  • einer starken Belastung im Alltag,
  • depressiven Stimmungen
  • sowie gravierenden Einschränkungen im Privat- und Berufsleben.

Ein destruktiver Kreislauf von Angst und Vermeidung beginnt und das Ergebnis ist oft der soziale Rückzug. Was als Schutz gedacht ist, weitet sich mehr und mehr aus und wird zum chronischen Vermeidungszustand.

Grundsätzlich kann Angst als ein unangenehm erlebtes Gefühl von Enge und Bedrohung beschrieben werden. Angst zeigt sich dann auf emotionaler, vegetativer, kognitiver und motorischer Ebene. Es kommt zu starken körperlichen Symptomen wie:

  • Herzrasen,
  • Schweißausbrüchen,
  • Zittern,
  • Panikgefühlen,
  • Erstarrung
  • oder Blockaden in Denken und Handeln.

Typische Auslöser bei der Sozialphobie sind:

  • wenn man sich in einer Gruppe zu Wort melden will,
  • vor den Augen anderer etwas zu schreiben beginnt,
  • das Glas zum Anstoßen ausstrecken
  • oder vielleicht etwas auf den Anrufbeantworter sprechen möchte.

Auch einen Fremden anzusprechen, sich an einem Gespräch zu beteiligen oder sich in ein volles Restaurant zu setzen, wird schwierig.

Was sind die Ursachen?

Ähnlich komplex wie das Auftreten und Erleben von Angst sind auch die Theorien über die Entstehung von Angststörungen. Hierbei kann vor allem das Vulnerabilitäts-Stress-Modell als Krankheitsmodell herangezogen werden. Dies besagt, dass die seelische Verletzlichkeit und die seelische Widerstandskraft ausschlaggebend dafür sind, ob bei aktuellen Belastungen eine Erkrankung auftritt oder nicht.

Es wurde festgestellt, dass soziale Phobien gehäuft bei sensiblen und eher introvertierten Menschen entstehen, die in ihrer Kindheit wenig Zuspruch, Lob und Beachtung erfuhren, sodass sich Selbstwertgefühl und Ich-Stärke nur mangelhaft entwickeln konnten.

Negative Bewertung, Kritik, geringe Anerkennung oder gar Demütigung, Ablehnung, Bloßstellung oder Mobbing können hier als Mikrotraumata tiefe Auswirkungen auf die Psyche haben und sich in einer sozialen Phobie niederschlagen. Unser limbisches System als emotionale Steuerzentrale im Gehirn ist gerade in der Kindheit sehr formbar und reagiert sensibel auf emotionalen Stress.

Betroffene:

  • leiden vielfach unter starken Selbstzweifeln,
  • stellen hohe Ansprüche an sich
  • und schenken ihrem Verhalten und den Reaktionen anderer eine erhöhte Aufmerksamkeit.

Sie reagieren somit stärker und sensibler auf soziale Bewertungen und die Konsequenzen sozialen Handelns. Ängstlich werden eigene Körperreaktionen sowie die Reaktionen der anderen Menschen studiert, da sie von vornherein mit negativen Konsequenzen auf ihr öffentliches Verhalten rechnen.

Aus innerseelischer Sicht basieren diese Ängste auf ungelösten emotionalen Konflikten, die jedoch unbewusst sind. Zwischenmenschliche Erfahrungen sind für jeden Menschen als soziales Wesen für die innere Reifung der eigenen Persönlichkeit wichtig. Durch Miteinander und Auseinandersetzung entwickeln wir Stärke und Selbstvertrauen in unsere Fähigkeiten. Werden zu viele negative Beziehungserfahrungen in prägenden Jahren gemacht, so führt dies jedoch zu einer verzerrten Wahrnehmung und einem Schutzverhalten, sich verbergen zu müssen nach dem Motto: „Nur wenn ich perfekt bin und alles unter Kontrolle habe, bin ich vor dem Außen sicher.“

Doch genau diese Angst führt dann zum gegenteiligen Effekt, der schwächt: dem Gefühl, die eigenen inneren Impulse nicht kontrollieren zu können.

Lösungsstrategien bei Sozialphobie: Was kann man tun?

Ob eine Therapie notwendig ist, hängt vom Leidensaspekt ab. Kommt es zu deutlichen und massiven Beeinträchtigungen oder gar zu einer Einschränkung in der eigenen Leistungs- und Beziehungsfähigkeit, kann therapeutische Hilfe sinnvoll sein. Kognitive, Gesprächs- und psychodynamische Therapien, Entspannungsverfahren oder Gruppentherapie sind gängige therapeutische Mittel, um Sicherheit im sozialen Umgang zu erwerben.

Wichtig ist vor allem die innere Veränderung: Sich selbst wieder mit den eigenen Fähigkeiten wahrzunehmen, Ansprüche an sich zu reduzieren und das Gefühl in sich wachsen zu lassen, dass man sich selbst freundlich, nachsichtig und liebevoll begegnen darf – all das kann ein wohltuender und entspannender Ansatz sein. Den Erwartungen im Außen nicht übermäßig gerecht werden zu müssen, vom Wohlwollen anderer nicht ständig abhängig zu sein, führt zu einer neuen inneren Balance und Sicherheit.

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Dieser Beitrag wurde von Andrea Maskow verfasst. Sie ist Inhaberin der Deutschen Heilpraktikerschule Wiesbaden.