EMDR – Therapie & Coaching dürfen auch schnell wirken – Teil 1

EMDR – Therapie & Coaching dürfen auch schnell wirken – Teil 1

Hinter diesen 4 Buchstaben steht ein Behandlungskonzept, das in seiner Wirksamkeit einzigartig ist.

Was ist EMDR?

EMDR steht für Eye Movement Desensitization and Reprocessing, ein komplexes psychotherapeutisches Verfahren, das seit Mitte der Neunzigerjahre überaus erfolgreich in der Traumatherapie eingesetzt wird. Es arbeitet mit bilateraler Stimulation, d.h. Stimulation beider Gehirnhälften, primär über Augenbewegungen, aber zunehmend auch unter Einbindung des gesamten Körpers.

Wie ist EMDR entstanden?

EMDR wurde in den Jahren 1987-91 von Dr. Francine Shapiro entwickelt. Alles begann mit einem Zufall: Bei einem Spaziergang im Park bemerkte sie, dass Ängste und stark belastende Gedanken, die sie sich aufgrund der bei ihr diagnostizierten Krebserkrankung machte, plötzlich verschwanden und nicht wiederkamen.

Sie recherchierte, was genau auf diesem Spaziergang passiert war und fand heraus, dass, während ihre Gedanken um die Krebserkrankung kreisten, sich ihre Augen ständig hin- und her bewegt hatten, bedingt durch das Wechselspiel von Licht und Schatten der Sonnenstrahlen, die durch die Bäume fielen.

Aus diesen zufälligen Augenbewegungen entwickelte Dr. Shapiro das Konzept einer Serie von gezielten Augenbewegungen, genannt „bilaterale Stimulation“.

In seiner ursprünglichen Form sah das Setting vor, dass der Klient mit seinen Augen den Bewegungen der Hand des Therapeuten folgt, während er gleichzeitig mit seiner Wahrnehmung auf einen speziellen inneren Fokus gerichtet ist. Da das Verfahren sich am Anfang ausschließlich der Augenbewegungen bediente, erhielt es den Namen EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing). Heute gibt es neben den klassischen Augenmustern noch differenziertere Bewegungen sowie auch auditive und kinästhetische Stimulationsformen.

Zunächst erprobte sie EMDR an Freunden, Bekannten und Kollegen und schließlich an den ersten Klienten. Danach folgten intensivste Studien speziell mit Trauma-Patienten, wie Vietnam-Veteranen, Missbrauchsopfern und anderen Personen mit PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung).

Wo wird EMDR eingesetzt?

Die Anwendung beschränkt sich nicht nur auf die Traumatherapie: Mittlerweile wird EMDR auch eingesetzt bei nahezu sämtlichen Angststörungen, Phobien, Süchten, psychosomatischen Störungen, Schmerzzuständen, Tinnitus, Allergien, Trauerarbeit, Burnout, Zwängen u.v.m.– und die Indikation weitet sich immer mehr aus. Sogar ein spezielles Coaching-Konzept wirkt höchst effizient auf der Basis von EMDR.

Wie wirkt EMDR?

Normalerweise wird Erlebtes vom Gehirn verarbeitet und ad acta gelegt. Traumatische Erlebnisse können jedoch psychische Wunden hinterlassen. Sind diese Wunden geringfügig, kann das Gehirn sie ohne Hilfe bewältigen, so wie der Körper eine kleine Schnittwunde selbständig heilt. Sind diese Verletzungen allerdings schwerwiegend, können sie die Selbstheilungskräfte des Gehirns überschreiten – das Erlebte wird in unverarbeiteter Form im Gehirn fraktal abgelegt und durch ähnliche Situationen immer wieder unkontrolliert evoziert. Dadurch kann es zu allen denkbaren Störungen, Ängsten und Blockaden kommen: Das weitere Leben steht im Schatten des Erlebten. Hier hilft EMDR bei der Reorganisation der Erlebnisinhalte und deren Bewertung.

Wie genau EMDR beim einzelnen Klienten wirkt, kann jedoch nicht vorausgesagt werden. Es sind immer mehrere Wirkfaktoren, die zusammenkommen. Diese sind:

  • Aufmerksamkeitsteilung: Durch die gleichzeitige Konzentration auf das belastende Erlebnis und die bilaterale Stimulation im Hier und Jetzt lernt das Gehirn, sich nicht von assoziierten Emotionen, Kognitionen und Bildern überfluten zu lassen. Es findet eine Dosierung und Distanzierung hinsichtlich des belastenden Materials statt – der Klient erlangt immer mehr Kontrolle.
  • Entkonditionierung: Durch die Fokussierung auf die Belastung und gleichzeitig stattfindenden Entspannung und Gehirnhälften-Synchronisation findet ein Zustand der reziproken Hemmung statt – Anspannung und Entspannung zugleich ist nicht möglich, und das Belastungsniveau des Klienten wird reduziert.
  • Neurone Veränderung des synaptischen Potenzials: Hier liegt das eigentlich „kleine Wunder“ des EMDR. Neuronal verbinden sich Belastungsnetzwerke mit Ressourcen-Netzwerken und der Transport vom implizierten Gedächtnis zum expliziten Gedächtnis (hier ist unsere Lebensgeschichte abgespeichert) kann beginnen. Das Erlebte wird als Teil der eigenen Lebensgeschichte integriert, erfährt eine Neubewertung und hat keine Macht mehr. Eine besondere Bedeutung kommt hier dem „bipolaren Prinzip“ zu – der Verbindung von Belastung und Ressource. Biochemisch ist hier insbesondere die Ausschüttung von Acetylcolin wichtig, die beispielsweise auch ganz automatisch in den REM-Phasen unseres Schlafes stattfindet. Letztlich findet hier das Zitat von Donald Hepp aus den späten Vierzigerjahren Anwendung: „Neurons, that fire together, wire together.“

Die unterschiedlichsten Langzeitstudien mit EMDR weisen nach, dass dieses Verfahren schneller und besser wirkt, als sämtliche anderen bekannten Therapiekonzepte.

Den zweiten Teil des Artikels finden Sie hier.

Hier finden Sie Informationen zum Fachseminar EMDR in Kooperation mit der EMDR-Akademie.

Dieser Beitrag wurde von Andreas Zimmermann verfasst. Er ist Dozent des Fachseminars EMDR in Leipzig, das in Kooperation mit der Deutschen Heilpraktikerschule Leipzig angeboten wird.

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