Demenz und Alzheimer – ist das nicht das Gleiche: Jedes Jahr findet in der Woche um den Welt-Alzheimer-Tag am 21.09. die Woche der Demenz statt. Dieses Jahr ist sie vom 16.09.2024 bis 22.09.2024. Wer in Leipzig wohnt, kann sich gerne hier das Wochenprogramm (2024) anschauen. Andere Städte bieten sicherlich auch Informationsveranstaltungen an.
Was ist nun Demenz und was ist Alzheimer? Oft werden die Begriffe synonym genutzt. Doch ist das überhaupt zutreffend? Jein, aber schauen wir da mal genauer hin.
Begriffsklärungen Demenz und Alzheimer
Demenz gehört laut ICD-11 zu den neurokognitiven Störungen. Das klinische Syndrom kann durch unterschiedliche Ursachen entstehen und ist durch primäre Defizite der kognitiven Funktion gekennzeichnet. Es entwickelt sich erst im Laufe des Lebens bzw. wird es erst im Laufe des Lebens erworben.
Alzheimer ist eine hirnorganische Erkrankung, bei der nach und nach die Nervenzellen im Gehirn absterben. Die Forschung geht davon aus, dass zwei Proteinablagerungen (Amyloid-beta und Tau-Fibrillen) im Gehirn damit zusammenhängen. Die Alzheimer-Krankheit kann eine mögliche Ursache einer Demenz sein.
Ursachen von Demenz
Die Ursachen von Demenz können ganz unterschiedlich sein, z. B.:
- erworbene Grunderkrankung des Nervensystems
- ein Trauma
- eine gehirnbetreffende Infektion
- Ernährungsmangel etc.
Häufigkeit der ursächlichen Faktoren:
- Alzheimer-Krankheit (mit ca. 60 bis 65 Prozent)
- zerebrovaskuläre Erkrankungen (20 bis 30 Prozent)
- eine Kombination aus beiden (ca. 15 Prozent)
- andere Erkrankungen wie Morbus Pick, Lewy-Körperchen-Krankheit, Multiple Sklerose, Epilepsie etc. (5 bis 15 Prozent)
Allgemeine Diagnosekriterien (nach ICD-11)
Bei der Demenz kommt es zu kognitiven Störungen, wie auch zu Verhaltensänderungen.
(mind. 2 Kriterien)
- Gedächtnis
- Exekutivfunktion
- Aufmerksamkeit
- Sprache
- soziale Wahrnehmung
- Urteilsvermögen
- psychomotorischen Geschwindigkeit
- visuell-perzeptiven oder visuell-räumlichen Funktion
wie z. B.:
- Persönlichkeitsveränderungen
- Enthemmung
- Unruhe
- Reizbarkeit
Demenzarten, Symptome & Diagnostik laut ICD-11
In der ICD-11 sind vier Demenzformen genauer beschrieben, dazu gehören:
Symptome:
- schleichender Beginn, progredienter Verlauf
- anfangs in der Regel Gedächtnisprobleme, Wortfindungsschwierigkeiten
- leichte funktionelle Beeinträchtigung
- zunehmende Verschlechterung kognitiver Leistungsfähigkeit
- Anfangsstadien: zusätzlich psychische und verhaltensbezogene Symptome (u. a. depressive Stimmung, Apathie)
- Spätstadien: psychotische Symptome, Reizbarkeit, Aggressivität, Verwirrtheit, Gang- und Mobilitätsstörungen sowie Krampfanfälle
Spezifizierung:
- mit frühem Beginn vor dem 65. Lebensjahr
- mit spätem Beginn ab 65. Lebensjahr
- mit zerebrovaskulärer Krankheit
- gemischter Typ mit sonstiger nichtvaskulärer Ätiologie
Bei der Demenz aufgrund einer zerebrovaskulären Erkrankung (z. B. Schlaganfall) können Defizite im zeitlichen Zusammenhang mit dem vaskulären Ereignis stehen:
- bei Schlaganfall: neurokognitive Beeinträchtigung sind von der/den betroffenen Gehirnregion/en abhängig, Symptome beginnen typischerweise abrupt, teilweise Verbesserung der Symptomatik
- bei mikrovaskulären Ereignissen: Beeinträchtigung der subkortikalen neurokognitiven Funktionen (z. B. Aufmerksamkeit, Verarbeitungsgeschwindigkeit und exekutive/frontallappenbezogene Funktionen), im Zusammenhang mit chronischen Erkrankungen (z. B. Bluthochdruck, Diabetes) kann der Verlauf langsam progressiv sein
- zwei oder mehr der folgenden Symptome: wiederkehrende visuelle Halluzinationen, episodische Verwirrtheit, REM-Schlaf-Verhaltensstörung
- ein oder mehrere Merkmale von Parkinsonismus (z. B.: Ruhetremor, Muskelsteifheit, verlangsamte Bewegungen, Gleichgewichtsprobleme, Gangschwierigkeiten), typischerweise innerhalb eines Jahres nach Auftreten der kognitiven Symptome
- die neurokognitiven Symptome sind progressiv und beinhalten oft eine relativ starke Beeinträchtigung der visuell-räumlichen Fähigkeiten, der Aufmerksamkeit und der exekutiven Funktionen
- zusätzliche klinische Merkmale sind u. a.: wiederholte Stürze, Synkopen, Halluzinationen in anderen Sinnesmodalitäten, Wahnvorstellungen und autonome Funktionsstörungen (z. B. Verstopfung, Harninkontinenz usw.)
Die Demenz aufgrund einer frontotemporalen Erkrankung oder Atrophie kann verschiedene Varianten zeigen:
- primär progrediente Aphasie: fortschreitende Beeinträchtigung der sprachlichen Fähigkeiten, anfangs ohne andere kognitive Defizite
- frontotemporale Verhaltensdemenz: a. Persönlichkeitsveränderungen, wie Apathie, zunehmend unangemessenes Sozialverhalten, neurokognitive Funktionen bleiben in der Regel anfangs erhalten; später u. a. auch Defizite in den exekutiven Funktionen (z. B. Planung, Problemlösung), Gedächtnisleistung vergleichsweise intakt
- motorische frontotemporale Demenz: fortschreitende Beeinträchtigung der motorischen Funktionen, teilweise mit fortschreitenden neurokognitiven Defiziten, wie der Störung der Aufmerksamkeit, der exekutiven Funktionen und der visuell-räumlichen Fähigkeiten bei vergleichsweise intakter Gedächtnisleistung
Schweregrade einer Demenz
- Betroffene können noch unabhängig leben, benötigen aber oft eine gewisse Aufsicht und/oder Unterstützung
- können ohne Hilfe an gemeinschaftlichen oder sozialen Aktivitäten teilnehmen
- erscheinen für Fremde meist noch unbeeinträchtigt
- leichte Beeinträchtigung der Problemlösungskompetenz
- soziale Urteilsvermögen kann, je nach Ursache der Demenz, erhalten bleiben
- Betroffene können Schwierigkeiten haben, komplexe Entscheidungen zu treffen, Pläne zu machen und/oder mit Finanzen umzugehen (z. B. Wechselgeld zu berechnen, Rechnungen zu bezahlen)
- Betroffene benötigen Unterstützung, um außerhalb des Hauses zurechtzukommen
- Erledigung einfacher Aufgaben im Haushalt noch möglich
- Schwierigkeiten bei den grundlegenden Aktivitäten des täglichen Lebens, z. B. beim Anziehen, Körperpflege
- Beeinträchtigung von Gedächtnisleistung, Urteilsvermögen, Problemlösungskompetenz, komplexer/wichtiger Entscheidungsfunktionen, Orientierung, Kommunikation, sozialer Kontaktaufnahme (durch Verhaltensänderungen)
- Schwierigkeiten meist auch für Dritte offensichtlich
- häufig völlige Desorientierung in Bezug auf Zeit und Ort
- Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung (in der Regel schwere Gedächtnisstörungen, variieren je nach Demenzursache), Urteilsvermögen, Problemlösungskompetenz
- Betroffene brauchen auch bei den Alltagsroutinen (grundlegende Körperpflege, z. B. beim Baden, Toilettengang und bei der Nahrungsaufnahme) Unterstützung
- möglicherweise Harn- und Stuhlinkontinenz
Vorbeugung
Die Demenz ist bis dato unheilbar, jedoch sind wir ihr nicht ganz willentlich ausgeliefert. Durch unseren Lebensstil können wir die Demenz je nach Ursache beeinflussen. Denn auch bei der Demenz gibt es sogenannte Risikofaktoren, das heißt Faktoren, die eine Demenz begünstigen können.
Daher ist es hilfreich, im Alltag auf ein paar Faktoren zu achten und dadurch das Risiko zu minimieren:
- körperliche Aktivität
- Schwerhörigkeit behandeln
- soziale Kontakte pflegen
- gesunde Ernährung, um Gefäßverengungen, Übergewicht, Diabetes etc. vorzubeugen
- wenig bis kein Alkoholkonsum
- Verzicht auf Rauchen
- den Kopf vor Verletzungen schützen (Bsp. Helm beim Radfahren)
- Gedächtnistraining
Therapie
Es bedarf bei der Therapie einen multifaktoriellen Ansatz, das heißt eine Kombination aus medikamentöser und nichtmedikamentöser Therapie. Je früher die Therapie beginnt, desto besser.
Medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten helfen u. a. dabei, die Symptome hinauszuzögern bzw. zu lindern. Zum Einsatz kommen hier z. B.:
- Antidementiva
- Antidepressiva
- Antipsychotika
Nichtmedikamentöse Behandlungsmöglichkeiten unterstützen dabei, Alltagskompetenzen möglichst lange aufrechtzuerhalten. Sie helfen dabei, z. B. Beweglichkeit, Balance, Freude, Aktivität, Wahrnehmung, Lernfähigkeit, Orientierung, Denkvermögen oder Erinnerungsfähigkeit möglichst lange zu erhalten. Des Weiteren unterstützen Sie auch dabei, mit der Diagnose besser umgehen zu können. Das Risiko einer psychischen Belastung bzw. Depression ist nach einer Diagnosevergabe erhöht. Zur Anwendung kommen hierbei:
- Ergotherapie
- Physiotherapie
- Kognitives Training
- Verhaltenstherapie
- Biographiearbeit
- Realitätsorientierung
- Musiktherapie
- Kunsttherapie
- Milieutherapie
Hilfsangebote
Für Betroffene sowie auch Angehörige gibt es Unterstützung. Denn die Diagnose Demenz kann für die Betroffenen und auch das soziale Umfeld belastend sein. Scheuen Sie sich nicht davor, nach Hilfe und Unterstützung zu fragen. Es gibt z. B. Selbsthilfegruppen für Betroffene und Angehörige, Unterstützung bei der Pflege etc. Näheres dazu finden Sie auch hier.
Quellen:
Hier finden Sie alle Informationen zu unseren Ausbildungen zum Heilpraktiker für Psychotherapie:
Dieser Beitrag wurde von Katharina Scholz, Dozentin für die Ausbildung Heilpraktiker Psychotherapie an der Deutschen Heilpraktikerschule Leipzig, verfasst.
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