Bedürfnisse – Was steckt eigentlich hinter dem so oft verwendeten Begriff?

Bedürfnisse – Was steckt eigentlich hinter dem so oft verwendeten Begriff?

Bedürfnisse – Was steckt eigentlich hinter dem so oft verwendeten Begriff?

In meinem letzten Blogbeitrag habe ich erwähnt, dass unbefriedigte Grundbedürfnisse unter anderem auch ein Grund für das Empfinden von Stress sein können. Nun stellt sich die Frage: Was sind eigentlich Bedürfnisse?

Im Allgemeinen bezeichnen sie einen Wunsch oder auch ein Verlangen, einen Mangel auszugleichen. Dabei wird der tatsächliche und auch der empfundene Mangel eingeschlossen. Unsere Bedürfnisse können sich im Laufe unseres Lebens ändern, werden mal mehr und mal minder befriedigt und sind auch von unserer Umwelt und anderen Bedingungen beeinflusst. Sie sind ebenfalls abhängig von Alter, Herkunft, Bildung, Erziehung, Geschlecht, Vermögen etc.

Die Einteilung der Bedürfnisse:

Primärbedürfnisse (Existenzbedürfnisse) :

Hierunter zählen die ursprünglichen oder auch vorrangigen Bedürfnisse, welche der Befriedigung eines physiologischen Bedarfs dienen. Das sind unter anderem Schlaf, Durst, Hunger. In manchen Teilen der Erde auch Kleidung. Also alles, was Mensch zum Überleben braucht.

Sekundärbedürfnisse:

Dies sind Bedürfnisse, welche wir erlernt haben. Sie entstehen erst durch die Interaktion mit unserer Umwelt. Da gibt es u.a. Kulturbedürfnisse, welche wir innerhalb einer kulturellen Gemeinschaft erlernen (Bildung, Kleidungsstil, Musik, Bücher, Freundschaft etc.) oder auch Luxusbedürfnisse, welche über die Primär- und/oder Kulturbedürfnisse hinausgehen. Dazu zählen z.B. Schmuck, Pool, Yacht etc.

Je nachdem, wo ich wohne, unterscheidet sich die Einteilung der Bedürfnisse etwas. Gilt im Globalen Norden das Internet für manche Menschen eher als psychologisches Grundbedürfnis, um Bindung zu erleben, ist es im Globalen Süden teilweise ein Luxusbedürfnis.

Individualbedürfnisse und Kollektivbedürfnisse:

Jeder Einzelne hat individuelle Bedürfnisse, z.B. sich zu bilden, sich medizinisch versorgen zu lassen, zu reisen.  Aus diesen Bedürfnissen können dann kollektive Bedürfnisse entstehen, welche einer Vielzahl von Menschen helfen.

Zum Beispiel:

  • Bildung → Bau von Schulen
  • Medizinische Grundversorgung → Bau von Gesundheitszentren / Krankenhäusern
  • Reisen → Bau von Straßen / Zügen

Die 4 Psychologischen Grundbedürfnisse:

Bindung

zu Bezugsperson(en) und Mitmenschen sind vor allem im Kindesalter ein sehr wichtiges Bedürfnis. Wird das Bedürfnis ausreichend erfüllt, kommt es zu einer sicheren Bindung. Geschieht dies nicht, kann es zu Bindungsunsicherheiten kommen. Auch im Erwachsenenleben erfahren wir Befriedigung durch soziales Miteinander und Nähe.

Selbstwertschutz/ Selbstwerterhöhung

Dieses Bedürfnis wird erfüllt, wenn wir den Eindruck von uns haben, dass wir kompetent, wertvoll und von anderen geliebt, respektiert werden. Um einen guten Selbstwert aufzubauen und zu erfahren, bedarf es einer wertschätzenden Umwelt, die uns etwas zutraut und uns unterstützt, ohne uns ständig zu überfordern, zu kritisieren, abzuwerten oder zu beschimpfen.

Orientierung & Kontrolle

Hier geht es darum, die Welt, in der wir leben, zu verstehen, teils auch vorhersehen zu können und in einem gewissen Maße zu beeinflussen. Geschieht dies nicht, kann es zu einem Gefühl der Hilflosigkeit, Passivität und Verminderung der Lebenslust kommen. Befriedigung des Kontrollbedürfnisses erleben wir, wenn wir viele Handlungsalternativen und große Handlungsspielräume haben.

Lustgewinn / Unlustvermeidung

Hier geht es darum, Erfahrungen zu machen, die uns erfreuen, angenehm sind und Lust auf mehr machen oder eben aversive, schmerzhafte, unangenehme Reize / Erfahrungen zu vermeiden.

Übung:

Schauen wir mal hin, wie Ihre psychologischen Bedürfnisse im Moment befriedigt sind? Und was Sie für Möglichkeiten haben? Stellen Sie sich eine Skala von 0 bis 10 vor. Wobei 0 gar nicht und 10 voll befriedigt anzeigt. Hilfreich sind dabei zum Beispiel folgende Fragen:

Bindung

Wie verbunden fühlen Sie sich im Moment mit Anderen?

Selbstwertschutz/ Selbstwerterhöhung

Was machen Sie in Ihrem Leben, um Selbstbestätigung zu erfahren? Wie wirksam ist es?

Orientierung & Kontrolle

Welche Möglichkeiten bestehen im Moment, in Ihrem Leben selbstbestimmt zu handeln?

Wie viel Orientierung bietet Ihnen Ihr Leben zurzeit?

Lustgewinn / Unlustvermeidung

Wie viele Ereignisse machen Ihnen zurzeit Freude? Welche sind das?

Wie gehen Sie mit Situationen um, die Ihnen Unlust bereiten?

Wie fällt die Bilanz (Lust/Unlust) beider aus?

Nachdem Sie jetzt eine Übersicht über Ihre aktuelle Bedürfnisbefriedigung erlangt haben, können Sie schauen, wo noch Veränderungsbedarf nach oben in Richtung 10 ist. Und wie dies für Sie individuell zu erreichen wäre.

Ein paar allgemeine Ideen dazu wären:

Bindung:

  • Verbesserung der Kommunikation mit den Mitmenschen
  • Mitwirken in einem Verein
  • Ehrenamt
  • gemeinsam Sport betreiben
  • Spieleabende

Selbstwertschutz/ Selbstwerterhöhung:

  • Wirksam sein : z.B. in einem Hobby, Erfolge erleben
  • Engagieren in Bereichen, die Sie interessieren (Vereine, Ehrenamt, Kunst, Kultur)
  • Achtsamkeit / Entspannung
  • Wertschätzende Umgebungen gestalten
  • aus „toxischen“ Umgebungen lösen

Orientierung & Kontrolle:

  • Klarheit/Mitgestaltung in Berufs-/Privatleben bringen
  • Zeiten einplanen, in denen Sie autonom und selbstbestimmt handeln können (z.B. Auszeiten fest einplanen – für Lesen, Sport, Kino, Ruhe etc.)

Lustgewinn/Unlustvermeidung:

  • Sich selbst die Frage zu stellen: Was macht mir wirklich Spaß? Wobei empfinde ich Freude? – davon dann mehr
  • Hobbys regelmäßig betreiben
  • den Umgang erlernen, mit unangenehmen Situationen besser umgehen zu können (4-A-Strategie)

Je nachdem, wie ausgeglichen unsere persönliche Bedürfnisbefriedigung (vor allem primär und psychologisch) ist, desto wohler und ausgeglichener fühlen wir uns. Das heißt, wir können mit stressigen, herausfordernden Situationen besser umgehen und auch unterstützend auf andere wirken. In meinem nächsten Blogbeitrag möchte ich euch die Zusammenhänge unserer Gedanken, Gefühle und unserem Handeln etwas näherbringen. Dies hilft, Situationen zu ändern und somit eventuell auch wieder unsere Bedürfnisse gezielter zu befriedigen. Bis dahin 🙂

Quellen:

Hier finden Sie alle Informationen zu unseren Ausbildungen zum Heilpraktiker für Psychotherapie:

Dieser Beitrag wurde von Katharina Scholz, Tutorin der Vollzeitausbildung an der Deutschen Heilpraktikerschule Leipzig, verfasst.

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