Spätestens nach erfolgreich bestandener Heilpraktikerprüfung und damit dem Erhalt der Heilerlaubnis steht die Frage: Wie kann das Herzensprojekt von einer eigenen Heilpraktikerpraxis erfolgreich gestartet werden? Das Unternehmen Heilpraktikerpraxis ist ein anspruchsvolles aber durchaus realisierbares Projekt. Wir haben zwei Heilpraktikerinnen gefragt, wie sie es mit Herzblut und Durchhaltevermögen geschafft haben, gut laufende Praxen aufzubauen – von der Prüfung zur Gründung einer Heilpraktikerpraxis.
Eigene Heilpraktikerpraxis – Erfolgsprinzipien der Gründung
Um damit wirtschaftlich so tragfähig zu sein, dass die Praxiserträge zum Lebensunterhalt reichen, sollte der Heilpraktiker (HP) als künftiger Unternehmer:
- neben dem medizinischen und naturheilkundlichen Fachwissen
- auch ein kaufmännisches und administratives Grundverständnis mitbringen.
„Von einem guten Existenzgründerseminar für Heilpraktiker kann enorm profitiert und können Stolperfallen umgangen werden“, rät HP Kristin Metz.
Finanzplanung und Gründungshilfen für eine Heilpraktikerpraxis
Zu Beginn aller Überlegungen und Planungen sollte die Bestandsaufnahme Ihrer aktuellen finanziellen Situation sein:
- Wieviel Eigenkapital steht zur Verfügung?
- Welche Finanzierungsmöglichkeiten kommen in Frage?
Ihr professionell ausgearbeiteter Businessplan ist dabei Voraussetzung, um staatliche Finanzhilfen, die Bank oder private Finanziers in Anspruch nehmen zu können. Folgende staatliche Finanzierung können Sie als Basis für Ihre Praxisgründung beantragen:
Gründungszuschuss – Agentur für Arbeit
Vorgelegt werden muss ein ausgearbeiteter Businessplan. Sie können den Zuschuss beantragen, wenn Sie Empfänger von ALG I sind und die für die Gründung fachlichen und kaufmännischen Kenntnisse nachweisen. Die Selbstständigkeit muss als Haupterwerb geplant sein. Mehr dazu finden Sie in diesem Fachartikel Gründungszuschuss 2022 richtig beantragen: In 10 Schritten zur Förderung.
Einstiegsgeld – Agentur für Arbeit
Empfänger von ALG II, die die Selbstständigkeit als Haupterwerb planen, können diese Förderung beantragen. Auch hier ist der Businessplan wichtig. Dafür bekommen Sie 50 Prozent der Regelleistung.
ESF Existenzgründungszuschuss – Landesbank
Bis zu 1.000 Euro monatlich und maximal 12.000 Euro jährlich beträgt dieser Zuschuss, der sich an alle, die nicht ALG I oder II empfangen, richtet. Auch hier ist der Businessplan zwingend erforderlich.
Welche Bedeutung hat ein Businessplan für die Heilpraktikerpraxis?
Abgesehen davon, dass ein sorgfältig ausgearbeiteter Businessplan die Grundlage und Bedingung für jede Finanzierungsmöglichkeit ist, beschreibt er Schritt für Schritt, wie Ihr Praxisaufbau umgesetzt werden soll. Dieser selbst erstellte Geschäftsplan ist ein individueller Wegbegleiter, eine sichtbar gemachte Liste der eigenen Wünsche und Träume mit konkreten Wegen und einem Zeitplan zum Erfolg.
HP Martina Hanner empfiehlt, sich dabei möglichst genau vorzustellen, welche Patienten man behandeln möchte und was an Praxisausstattung und Raumvoraussetzungen benötigt wird. Je konkreter der Plan, je professioneller die Vorbereitung, desto schneller und grundlegender stellt sich der Erfolg ein.
Aufbau eines Patientenstammes mit gutem Marketing
Kein Heilpraktiker ohne Patienten.
HP Kristin Metz: „Mein Motto ist: Die Welt hat nicht auf mich gewartet. Also ist die Frage: Wie komme ich an Patienten? Mit Kolleginnen unter eigener Leitung oder auch mit Gästen veranstalte ich beispielsweise regelmäßige Themenabende rund um das Thema Gesundheit.“
Auch kann man Vorträge in Volkshochschulen, Bibliotheken oder Firmen halten, um sich und sein Gesundheitsangebot bekannt zu machen. Bei entsprechender Affinität gelingt dies ebenfalls über Social-Media-Kanäle mit regelmäßigen Blogs, Podcasts oder anderen Beiträgen. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt.
Die beste Werbung sind natürlich zufriedene Patienten, die in ihrem Umfeld eine persönliche Empfehlung für Sie und Ihre Heilpraktikerpraxis aussprechen. Das garantiert einen kontinuierlich wachsenden Patientenstamm als Grundlage für langfristigen Erfolg. Dafür braucht man besonders am Anfang ein stabiles Durchhaltevermögen, das sich jedoch in jedem Fall auszahlt.
Nebenberuflich einsteigen oder gleich in die Vollpraxis
„Von der gründlichen Vorbereitung bis zum tragfähigen Laufen einer Vollpraxis sollte man sich in der Regel zwei bis drei Jahre Zeit geben, je nachdem, ob man nebenher beginnt oder sich gleich voll auf die eigene Praxis konzentriert“, so Martina Hanner.
HP Kristin Metz stieg nach längerer Vorbereitungszeit parallel zum reduzierten alten Job in eine sich steigernde Praxistätigkeit ein und ist es flexibel angegangen: „Nach sechs Monaten hat sich die Praxis selbst getragen und nach zwei Jahren konnte ich sehr gut davon leben. Wer sich hundertprozentig auf die Praxis konzentriert und sich sehr aktiv zeigt, schafft das möglicherweise auch schneller.“ Es ist immer abhängig von den finanziellen, zeitlichen und kräftemäßigen Voraussetzungen und Kapazitäten. „Denn es darf nicht vergessen werden: Es braucht auch Zeit für Entspannung und Regeneration, für Freunde und Familie. Sonst hat man zwar am Ende eine Praxis, aber dafür schon das erste Burnout und kein Umfeld mehr.“
Nachfolge statt Neugründung – Heilpraktikerpraxis übernehmen
Die Nachfolge einer etablierten Heilpraktikerpraxis zu übernehmen, ist eine gelegentlich vorkommende und wunderbare Alternative zur Neugründung. Plant ein Heilpraktiker seinen Ruhestand oder muss aus anderweitigen Gründen seine Praxis aufgeben, bemüht er sich nicht selten um einen geeigneten Nachfolger und arbeitet diesen über Monate gewissenhaft ein.
Mit einem solchen Glücksfall müssen Sie nicht von Null beginnen und profitieren:
- vom Knowhow,
- den praktischen Erfahrungen des Vorgängers und
- der eingeführten Praxis mit einem langjährig bestehendem Patientenstamm.
So müssen Sie Ihre Traumpraxis nicht komplett neu am Markt etablieren und können auf Bewährtes zurückgreifen, es behalten und gleichzeitig Ihre Praxis innovativ nach Ihren Vorstellungen weiterentwickeln und gestalten. Dafür sollten Sie allerdings ein gewisses Eigenkapital einplanen.
Muss es immer die eigene Praxis sein? Welche Alternativen gibt es?
Mit bestimmten Spezialisierungen und Qualifikationen gibt es durchaus in Privatkliniken Möglichkeiten, als Heilpraktiker angestellt zu werden. Auch in größeren Städten finden Sie mitunter Naturheilpraxen, bei denen mehrere Heilpraktiker angestellt sind.
Von den Erfahrenen lernen
Bevor Sie in eine eigene Freiberuflichkeit starten, sammeln Sie sooft Sie können Erfahrungen bei Berufskollegen, die Ihr Wissen gern weitergeben – sei es bei einem Praktikum oder in Hospitanz. Dort können Sie neben fachlichen auch taktischen und kaufmännischen Rat zur Existenzgründung einholen und natürlich ebenso in Ihrem Ausbildungsinstitut der Deutschen Heilpraktikerschule.
Lassen Sie sich begleiten. Fragen Sie nach Hilfe und nehmen sie diese auch an. Auf dem Weg in die eigene Praxis – sei es bei der Vorbereitung, der Umsetzung oder bei den ersten Schritten mit Patienten – ist diese kollegiale Unterstützung von unschätzbarem Wert. Vernetzen Sie sich mit Berufskollegen und tauschen Sie sich über ihre Erfahrungen aus.
HP Martina Hanner rät zu Geduld, Willenskraft und Durchhaltevermögen – zu frühes Aufgeben sollte keine Option sein. Sie hat zu keinem Zeitpunkt am Erfolg ihrer Praxis gezweifelt. „Es ist wichtig, das eigene Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und sich auch in turbulenten Zeiten immer wieder den Grund dieses Weges aufzurufen“, bekräftigt HP Kristin Metz. „So verliert man den Mut nicht und ist am Ende umso stolzer auf sich, wenn man es geschafft hat und sich vieler zufriedener Patienten erfreut.“
Quellen:
- HP Martina Hanner https://www.hp-hanner.de/
- HP Kristin Metz https://www.kristin-metz.de/
- https://www.gruenderkueche.de/fachartikel/checklisten-leitfaeden/
- Foto: Praxis für Naturheilkunde Katja Stöhr, Leipzig
Hier finden Sie alle Informationen zu unseren Heilpraktikerausbildungen:
Dieser Beitrag wurde von Maika Oechel verfasst.
Kommentar verfassen
You must be logged in to post a comment.