Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen – was können Eltern tun?

Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen – was können Eltern tun?

Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen – was können Eltern tun? Um in dieses Thema einzusteigen, ist es meiner Meinung nach wichtig, sich bewusst zu machen, dass nicht jeder Konsum von Medien direkt eine Sucht bedeutet. Die Menge macht es aus.

Doch vielleicht kennt es jemand von sich selbst: Der kurze Griff zum Handy und zack sind zwei Stunden um. Social Media wie Tiktok, Instagram, Facebook oder ein kleines Spiel. All dies kann viel Zeit in Anspruch nehmen. Oder das neue Playstation-Game, das kurz in die Konsole gelegt und angespielt wird. Plötzlich ist der Tag vorbei und man hat nur dieses Spiel gespielt. An manchen Tagen kann uns dies eine Entspannung im Alltag bringen. Doch der Konsum ist uns in den meisten Situationen nicht sofort bewusst, sondern erst am Ende kommen uns Gedanken, die sich negativ auswirken können.

Beim Thema Sucht denken wir zuerst an Alkohol, Tabak und Drogen. Doch dies ist nur ein sehr kleiner Teil von Süchten, die an bestimmte Stoffe gebunden sind. Durch meine Arbeit mit Jugendlichen werde ich sehr häufig mit Medienkonsum konfrontiert. Schüler*innen erzählen mir, dass sie in ihrer Freizeit viel am Handy sind oder an der Playstation sitzen, um zu „zocken“ oder um Serien zu schauen. Dies habe sich in der Coronapandemie sogar verschlimmert. Ein Verzicht ist für viele undenkbar. Aber warum ist das so? Mit dieser Frage setze ich mich heute auseinander.

Was ist Sucht?

Um diesen Begriff zu erklären, müssen wir uns die Definition von Abhängigkeit und Sucht anschauen. Jede Sucht beginnt mit dem Gebrauch und kann sich bis zur Abhängigkeit, also einer Sucht, steigern.

  • Gebrauch: Der kontrollierte Konsum jeglicher Suchtmittel im Rahmen der gesellschaftlichen Toleranz.
  • Missbrauch: Der Missbrauch ist eine Vorstufe der Abhängigkeit. Dieser Missbrauch entsteht, wenn durch den Konsum von übermäßigen und nicht zweckentsprechenden Mengen körperliche und psychische Schäden entstehen.
  • Toleranzentwicklung: In dieser Entwicklung gewöhnt sich der Körper an die Droge. Es wird immer mehr benötigt. Beim Absetzen kommt es zu Entzugserscheinungen.
  • Suchtpotenzial: Dies ist die Fähigkeit einer Substanz oder einer Sache, eine Abhängigkeit bei einem Menschen hervorzurufen.
  • Abhängigkeit: Dies ist nun die Sucht. Hier besteht das zwanghafte Bedürfnis und das Angewiesensein auf eine bestimmte Substanz oder Sache. Dabei unterscheidet man jedoch zwischen psychischer und körperlicher Abhängigkeit.

Wann spricht man von einer Sucht?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Sucht als einen Zustand periodischer oder chronischer Intoxikation verursacht durch wiederholten Gebrauch einer natürlichen oder synthetischen Substanz, die schädlich ist. Neue Studien haben ergeben, dass die Abhängigkeit eine primäre, chronische, multidimensionale, neurobiologisch verankerte Erkrankung definiert.

Es gibt die psychische Abhängigkeit und die körperliche Abhängigkeit.

Psychische Abhängigkeit:

  • Craving = unwiderstehliches Verlangen
  • Kontrollverlust
  • die Substanz oder Sache wird weiter konsumiert, obwohl eindeutige schädliche Folgen entstehen
  • keine Kontrolle oder Mangel an Bewältigungsstrategien

Körperliche Abhängigkeit:

  • körperliche Entzugserscheinungen bei Absetzen
  • Toleranzentwicklung
  • Vermeidung von Entzugserscheinungen durch moderaten Substanzgebrauch

In der neuen ICD-11 wird die Computerspielabhängigkeit zur Diagnose erklärt.

Anzeichen einer Sucht erkennen – Symptome

Je nach Suchtstoff und Abhängigkeitsmuster können psychische, körperliche oder soziale Folgen auftreten.

Symptome können sein:

  • Interessenverlust
  • Stimmungsschwankungen
  • Gleichgültigkeit
  • gesteigerte Kriminalität
  • Verlust der sozialen Kontakte
  • reduziertes Selbstwertgefühl
  • niedrige Frustrationstoleranz
  • beruflicher Abstieg
  • Suizidgefährdung
  • Schlafprobleme
  • neurologische Ausfälle
  • vegetative Störungen (Nervosität, Krämpfe, Herz-Kreislauf-Störungen, Schwitzen)
  • Zunahme der Spielhäufigkeit
  • Ruhelosigkeit
  • finanzieller Ruin
  • depressive Symptomatiken
  • Probleme in Beziehungen

Darüber hinaus gibt es noch weitere Symptomatiken. Dies ist nur eine kleine Auflistung.

Wichtig zu wissen: Es gibt krankheitstypische Verhaltensweisen. Dazu zählen Beschönigung, Verleugnung, Bagatellisierung und Verheimlichungstendenzen.

Was hat das Potenzial von Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen erhöht?

Durch die letzten Jahre mussten alle Menschen sich stark einschränken und an ihrem Leben etwas ändern. Davon besonders betroffen waren Kinder und Jugendliche. Denn Schulen waren geschlossen, Ängste standen an der Tagesordnung und die sozialen Kontakte mussten drastisch begrenzt werden. Zudem fiel es schwer, die Mimik durch die Masken richtig einzusortieren.

Vorher gab es schon eine steigende Entwicklung im Bezug auf Gaming und Medienkonsum. Nun hat dies aber den Höhepunkt erreicht. Kinder und Jugendliche schreiben sich über verschiedene Messenger, telefonieren über Zoom, um sich zu treffen, tauschen digital Bilder und Videos aus. Das ganze Leben spielt sich plötzlich über das Handy oder Tablet ab.

Die Zeit, die Jugendliche an der Konsole oder dem Handy verbringen, hilft ihnen, Situationen zu verarbeiten und der Realität ein wenig zu entfliehen. In verschiedenen Spielen sind sie der Retter der Welt –einer heilen Welt.

Diese Gefühle, die beim Spielen und Onlinesein ausgelöst werden, haben das Potenzial, süchtig zu machen. Richtig dosiert, können gewisse Spiele Kinder bilden, ihnen Anregungen bieten, bestimmte Fähigkeiten vermitteln und weiter ausbauen. Dazu zählen:

  • strategisches Denken
  • räumliche Orientierung und
  • das Lösen von Herausforderungen.

Welche Risikofaktoren können eine Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen begünstigen?

  • Einsamkeit
  • Schüchternheit
  • geringes Selbstwertgefühl
  • Stress
  • Ängste
  • mangelndes soziales Umfeld
  • Mobbing
  • wenige Hobbys.

Was können Eltern/Betreuer tun, wenn das Kind spielsüchtig oder medienabhängig ist?

Folgende Tipps können hilfreich sein:

  • Vorbild sein und sein eigenes Konsumverhalten reduzieren
  • gemeinsam auch mal nichts tun und die Zeit genießen
  • kleine Kinder nicht zu früh an Medien gewöhnen
  • gemeinsam spielen oder sich Dinge anschauen
  • alternative Angebote machen
  • Rahmen vereinbaren.

Sollte jedoch das Gefühl bestehen, dass alles nichts nutzt, kann man sich auch professionelle Hilfe bei Sucht- und Beratungsstellen sowie Kinderärzten, Kliniken und Psychologen holen.

Erste Hilfe – Soforthilfe

Der Weg ist das Ziel! Denn er verläuft bei einer Suchterkrankung in mehreren Schritten und beginnt in den seltensten Fällen direkt mit einer qualifizierten Suchttherapie. Vielfach ist er verbunden mit Scham, Angst und Verdrängung; kann zu familiären und beruflichen Konflikten führen und gesundheitliche Probleme hervorrufen. Erforderlich sind dabei Geduld, Durchhaltevermögen und die Akzeptanz von Rückschlägen. Dennoch lohnt es sich, denn am Ende wartet ein selbstbestimmtes Leben ohne Suchtmittel.

Wichtige Schritte sind:

  • Substanzkonsum kritisch hinterfragen
  • realistische Zwischenziele setzen
  • Einsicht der Abhängigkeit
  • professionelle Hilfe annehmen/suchen
  • stationäre oder ambulante Suchttherapie machen
  • Selbsthilfegruppen (auch telefonisch und anonym)
  • das Umfeld mit einbeziehen.

Alternativen für Kinder und Jugendliche

Um den Medienkonsum zu reduzieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten, um den Alltag ein weniger medienfokussiert zu meistern:

  • eine Wohlfühlsportart finden und diese regelmäßig ausführen
  • mit Freunden verabreden und bewusst auf Social Media verzichten
  • feste Zeiten einplanen, um an der Konsole zu spielen
  • bei Rückschlägen in der realen Welt nicht sofort in die digitale Welt flüchten
  • Aufklärung und Prävention durch geschultes Personal.

Hier möchte ich jedoch noch einmal darauf hinweisen, dass nicht jeder Konsum in einer Sucht endet. Vertrauen und die Stärkung der Kinder und Jugendlichen kann helfen, dass sie sich gut entwickeln und sicher im Umgang mit Medien sind.

Anlaufstellen bei Suchtverhalten – Beratung für Medienabhängige

MEDIAN Gesundheitszentrum Köln – Sucht- und psychosomatische Beratung
Neumarkt 8–10, 50667 Köln
Tel.: 0221 27277060
E-Mail: gesundheitszentrum-koeln@median-kliniken.de
Web: www.median-kliniken.de/de/median-gesundheitszentrum-koeln

Selbsthilfe-Kontaktstelle Krefeld
Mühlenstr. 42, 47798 Krefeld
Tel.: 02151 9619025

Blaues Kreuz in der Ev. Kirche Bundesverband e.V.
Julius-Vogel-Str. 44, 44149 Dortmund
Tel.: 0231 5864132

KADESCH GmbH – Gesellschaft zur Förderung der Jugend- und Suchtkrankenhilfe Herne
Hauptstr. 94, 44651 Herne
Tel.: 02325 3892

Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Psychotherapie-Ambulanz WWU
Fliednerstr. 21, 48149 Münster
Tel.: 0251 8334140
E-Mail: pta@uni-muenster.de
Web: www.uni-muenster.de/Psychologie.pta

Suchtberatungsstelle Onlinesucht, Stadtmission Halle e.V.
Frau Leonhardt
Weidenplan 3–5, 6108 Halle/Saale
Tel.: 0345 21780
E-Mail: suchtberatung@stadtmission-halle.de
Web: www.stadtmission-halle.de

Hier finden Sie alle Informationen zu unseren Heilpraktikerausbildungen:

Dieser Beitrag wurde von Saskia Ewers verfasst. Sie ist zertifizierte Psychologische Beraterin, Kinder-, Jugend- und Familienberaterin, Schemacoach und Entspannungspädagogin, Pädagogische Fachkraft in der Inklusion sowie Dozentin und Qualitätsmanagementbeauftragte der Deutschen Heilpraktikerschule Mülheim/Ruhr.

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