Schon seit mehr als einem Jahr leben wir mit Regeln, die durch die Pandemie für uns entstanden sind und viele haben keine Lust mehr – oder hatten noch nie Lust – sie zu befolgen. Die meisten Menschen haben ein großes Bedürfnis, sich auszutauschen, mal mit anderen über persönliche Themen zu sprechen. Wenn man da eine Anfrage bekommt, „bist du dabei?“, ist der Impuls stark, einfach „Ja, klar“ zu sagen. Da möchte die Freundin ihren 18. Geburtstag feiern und hat noch 5 andere Freundinnen zur Cocktailparty eingeladen und eine Nachbarin kommt vielleicht auch. Die sei total nett und das werde ein Riesenspaß. Die Freundin habe es sogar geschafft, ihrer Mama klarzumachen, dass sie sturmfreie Bude brauche. Aber wie waren die Regeln doch gleich? Es dürfen sich 5 treffen, es ist indoor, das Wetter soll am Wochenende schlecht werden…
Will ich oder will ich nicht?
Eigentlich sind die Regeln doch ganz ok und wir sollten sie einhalten, so haben wir es uns doch bei all unseren Spaziergängen immer wieder gegenseitig bestätigt. „Isso“ haben wir uns gesagt und sind deshalb immer nur zu dritt oder viert unterwegs gewesen, immer wieder mit nur einigen Mädels aus der Clique. Aber der 18.!!! Soll ich oder soll ich nicht? Hilfe! Was hilft bei Hin-und-Hergerissen-Sein?
Meine inneren Werte
Ich möchte loyal sein und keine Spielverderberin. Im Gegensatz zu meiner Freundin scheine ich auch ein bisschen mehr Angst vor Corona zu haben. Und ich habe ein soziales Gewissen, deshalb will ich doch auch im Kinderheim mein Praktikum machen, ich will nicht schuld sein, wenn sich jemand bei einer Party ansteckt. Dann lieber die Party verschieben. Ich habe auch Durchhaltevermögen merke ich bei diesem Gedanken, etwas später machen macht mir nicht so viel aus. Langsam fühle ich mich stärker. Ich könnte diejenige sein, die nicht kommt, damit die anderen in einer kleinen Gruppe feiern können. Und sobald es wärmer ist, können wir uns wieder mit mehreren treffen.
Was ist mir wichtig?
Alle meine Freundinnen sind mir wichtig. Ich will dazu gehören und ich will mit den anderen reden und ihre Meinungen hören. Aber ich muss sie nicht alle auf einmal sehen. Ich kann nicht nur durchhalten, ich kann auch aushalten. Aushalten, dass ich es anders mache. Dass ich dieses Mal Nein sage, Danke für die Einladung, aber Nein-Danke. Ich komme gerne wieder vorbei, wenn nicht so viele da sind. Oder komm du doch mal bei mir vorbei, wir können auch was zu zweit machen. Es wird irgendwie „tiefer persönlich“, wenn nicht alle dabei sind. Ich kann auch die anderen fragen, ob noch eine meiner Meinung ist und zu mir kommt und wir können uns mit Skype dazuschalten und online anstoßen. Die Pandemie zwingt uns immer wieder, andere Lösungen zu finden, das kann auch eine der eigenen Stärken sein.
Nicht nur während der Pandemie
Auch in anderen Zeiten kann das „Leben nach meinen inneren Werten“ Hilfe bringen, wenn jemand hin- und hergerissen ist. Bringt man die eigenen Werte in eine Hierarchie, so wird deutlich, was einem besonders wichtig ist.
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Dieser Beitrag wurde von Dr. rer. nat. Bettina Klingner verfasst. Sie ist Dozentin für die Ausbildung zum Heilpraktiker für Psychotherapie an der Deutschen Heilpraktikerschule Aschaffenburg.
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