Erfahrungsbericht zum Praktikum beim Gutshof Stötteritz e.V.

Erfahrungsbericht zum Praktikum beim Gutshof Stötteritz e.V.

Erfahrungsbericht zum Praktikum beim Gutshof Stötteritz e.V.: Ich habe im März 2023 meine Ausbildung zur Heilpraktikerin auf dem Gebiet der Psychotherapie an der Deutschen Heilpraktikerschule in Leipzig begonnen. Nach dem ersten halben Jahr des mich Einfindens in Abläufe, des Lernens, der Selbstorganisation und beständig neuen Inhalte bekam ich Lust darauf, auch praktische Erfahrungen zu sammeln.

Warum ist ein Praktikum empfehlenswert?

Als Seiteneinsteigerin, ursprünglich aus den Geisteswissenschaften kommend, hatte ich im Alltag bis dahin kaum mit Menschen zu tun, die tatsächlich eine psychische Krankheit diagnostiziert bekommen haben. Gerade unter solchen Voraussetzungen kann ich ein Praktikum sehr empfehlen. Es bietet die Möglichkeit, über die typische Praxistätigkeit von Heilpraktikern hinaus, einmal sehr intensiv mitzuerleben, wie psychiatrische Arbeit gestaltet sein kann. Dabei entsteht ein Eindruck, was wirklich hinter ICD-10-Diagnosen wie z. B. Schizophrenie steckt, und das fundierte Fachwissen der Ausbildung wird mit realen Fällen verbunden. Auch in Hinblick auf die Prüfungsvorbereitungen sind bei mir so einige Vernetzungen entstanden, auf die ich nun aus meinem „Erfahrungswissen“ zurückgreifen kann.

Der Gutshof Stötteritz e.V.

Im Südosten der Stadt, direkt an das Stötteritzer Wäldchen angrenzend, vereint der Gutshof Stötteritz e.V. mehrere Einrichtungen für Menschen mit psychischen Erkrankungen, z. B.:

  • eine Werkstatt,
  • ein Tageszentrum
  • und eine Beratungsstelle.

Der Leitgedanke ist dabei:

  • größtmögliche Eigenständigkeit bzw. Selbstbestimmung der Menschen zu fördern
  • und soziale Teilhabe zu ermöglichen.

Dies zeigt sich auch in der Anbindung an das Leben im Stadtteil. Ein gern genutzter Weg zum Park führt direkt durch den Innenhof, sodass es immer wieder zu Kontaktmöglichkeiten kommt. Angebote, wie die öffentliche Mittagskantine, Theateraufführungen, Feste und nicht zuletzt der Adventsmarkt in der Vorweihnachtszeit dienen ebenso der Integration.

Im barocken Herrenhaus ist das Gemeinschaftliche Wohnen (als so genannte „Besondere Wohnform“ bundesteilhabegesetzkonform) untergebracht. Hierhin machte ich mich im Februar 2024 eine Woche lang jeden Tag auf den Weg, um in einem Schnupperpraktikum einen Einblick in das Leben von und mit psychisch beeinträchtigten Menschen zu bekommen.

Start und Struktur des Praktikums

Der Kontakt zur Bereichsleiterin Frau Fuchs wurde mir bereits Ende 2023 über die Deutsche Heilpraktikerschule vermittelt und lief unkompliziert per E-Mail. Bei einem kurzen Kennenlernbesuch klärten wir die Rahmenbedingungen und vereinbarten alles Weitere. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass es möglich war, in den Februarferien und damit außerhalb der regulären Ausbildungsveranstaltungen einen Zeitraum zu finden. Bewusst habe ich mich nur für eine Woche „schnuppern“ entschieden, auch aus Respekt vor der unbekannten Situation.

Ich bekam dann einen Dienstplan per E-Mail zugeschickt, der so angelegt war, dass ich von möglichst vielen Bereichen einen Einblick gewinnen konnte. Im Gemeinschaftlichen Wohnen arbeiten Menschen aus:

  • der Heilerziehungspflege,
  • Ergotherapie
  • und Sozialen Arbeit
  • sowie Assistenten mit vielfältigen beruflichen Hintergründen

zusammen daran, den Bewohnenden Struktur und Stabilität zu vermitteln und sie in ihrer Selbständigkeit zu bestärken. Diese sind in jedem Fall freiwillig dort und damit auch grundsätzlich bereit, sich an die geltenden Regeln zu halten.

Einblicke ins Praktikum

Ich hatte für jeden Tag eine feste Ansprechperson und wechselnde Aktivitäten, die ich begleiten konnte. Alle Mitglieder im Team waren sehr offen für meine Fragen und gaben mir zusätzlich zum Tagesgeschehen auch mit kleinen Anekdoten immer wieder Einblicke.

Ich nahm teil an Angeboten aus den Bereichen:

  • Ergotherapie,
  • Werkstatt,
  • Musik,
  • kognitives Training (Rätselrunden),

spielte auch einmal Tischtennis mit einem Bewohner, begleitete die Frühstücks-Ausgabe, Spaziergänge, Einkäufe und Kochtrainings und war bei einem Besuch in einer der Außenwohngruppen dabei. Diese befinden sich in Wohnungen im Stadtteil, in denen die Menschen weitestgehend selbständig leben, aber immer wieder zu Angeboten im Gutshof dazukommen.

Ein wenig seltsam war es manchmal, einfach nur „dabei zu sein“. Innerhalb der kurzen Zeit konnte ich natürlich keine eigenständigen Aufgaben übernehmen und war deshalb oft in einer zuschauenden Position. Was mich für die Ausbildung wirklich sehr bereichert hat, war allerdings genau dieser Einblick, den ich gewonnen habe. Worüber in den Seminaren als „Störungsbilder“ gesprochen wird, wurde hier zum persönlichen Schicksal, zu Menschen, die teilweise massiv in ihrem Alltag eingeschränkt waren.

Junge und alte Menschen, die:

  • auch außerhalb eines akuten Schubs Stimmen hören und dadurch immer wirkten, als lebten sie zu einem Teil in einer eigenen Welt.
  • nach einer langjährigen Leidensgeschichte die „Negativsymptome“ der Schizophrenie nie so ganz wieder losgeworden sind.
  • Schwierigkeiten haben, eine einfache Mahlzeit zuzubereiten und solche, denen das ganz und gar unmöglich ist.
  • über mehrere Tage kaum aus dem Bett kommen und dann wieder so begeistert und überzeugt von sich sind, dass sie sich bei Online-Einkäufen verschulden.
  • wohl nie wieder ganz selbständig werden und andere, für die diese Wohnform wirklich nur eine Zwischenetappe ist.
  • sehr respektvoll miteinander und mit anderen umgehen.

Lange hallte noch die Aussage eines Team-Mitglieds in mir wider: „das hier kann jeden von uns treffen“.

Respektvolles Miteinander im Gutshof Stötteritz

Das, was bleibt, ist mein großer Respekt vor den Menschen, denen ich dort begegnet bin. Sowohl vor den Bewohnenden als auch vor allen Teammitgliedern, die jeden Tag und immer wieder bei allen Herausforderungen gemeinsam Unterstützung geben, Alltag möglich machen, Schritte auf den Weg zu mehr Integration begleiten und dabei die Würde der einzelnen Person nicht aus den Augen verlieren.

Hier finden Sie alle Informationen zu unseren Heilpraktikerausbildungen:


Dieser Beitrag wurde von Sabine Mohr verfasst. Sie absolviert die Ausbildung zum Heilpraktiker für Psychotherapie an der Deutschen Heilpraktikerschule Leipzig.

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