Einsamkeit – Zweisamkeit – Dreisamkeit
Homeoffice, Homeschooling, Lockdown – all das sind große Herausforderungen für Partnerschaften, die sich zu Beziehungskrisen entwickeln können. Wenn es schon Kinder gibt, kommt die Zweisamkeit oft zu kurz. Denn so hat es mal angefangen: aus „Einsamkeit“ wurde „Zweisamkeit“ und dann vielleicht auch „Dreisamkeit“. Einsamkeit in ihrer positiven Form wurde als Single gelebt, bevor ein Partner dazukam. Es gab wenig, nach dem man sich richten musste, und am Anfang der Zweisamkeit war auch noch alles sooo spannend und man hat sich sooo gerne auf den anderen eingelassen. Wo ist das jetzt geblieben? Gibt es nur noch Zweisamkeit oder Dreisamkeit und Streitereien, Lautwerden, Türenschlagen haben sich langsam eingeschlichen? Das kann man auch wieder loswerden, denn hinter solchen Überreaktionen stecken oftmals die eigenen nicht erfüllten Bedürfnisse. Erkennt man sie, können sie berücksichtigt werden. Vielleicht braucht man ein bisschen Zeit für sich, vielleicht ist es aber auch die Kommunikation, die ein bisschen Feinschliff braucht. Dann können Beziehungskrisen überwunden werden.
Den eigenen Rhythmus pflegen
Zeit mit sich allein zu verbringen bedeutet auftanken zu können. Ganz bei sich sein, nicht für jemand anderen da sein, nicht im Rhythmus anderer funktionieren. Ein Spaziergang allein, ein Buch lesen, am Computer spielen. Hauptsache, es stört niemanden. Es geht gar nicht so sehr darum, wie lange so eine Auszeit dauert. Vielmehr geht es darum, wie bewusst man diese kleine Pause wahrnimmt. Für eine kleine Weile etwas mit allen 5 Sinnen zu genießen erfrischt mehr, als mit einem Kraftakt eine ganze Stunde freizuschaufeln. Wer keine Zeit zum Spazierengehen hat, der kann einen schönen Moment im letzten Urlaub zurückdenken: Was gab es dort zu sehen, was zu riechen und zu schmecken? Sich an die Geräusche und Töne zu erinnern und vielleicht auch an Sonne oder Wind auf der Haut. Und schon ist man in seiner ganz persönlichen Entspannung.
Gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg (GfK)
Hinschauen und Reinspüren lohnt sich auch bei der Kommunikation: Gibt es viele Du-Sätze, empfindet der andere das, was ich sage, als Vorwurf, z.B. „Du bringst nie den Mülleimer runter“. Kann ich mein Anliegen als Ich-Satz formulieren, geht es um Wünsche und Bedürfnisse. Die Gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg definiert für eine gute Kommunikation vier Stufen:
Als #1 gibt es ein Ereignis, eine Situation, darauf folgt als #2 eine Reaktion in Form einer Emotion. Und hier bleiben sehr viele Menschen stecken. Wut und Ärger führen zu Blockaden und es geht nicht weiter mit den Beteiligten. Wer sich dann überlegt, was er für ein Bedürfnis gehabt hat, was er gebraucht hätte, als die Situation entglitt, der ist schon bei #3. Ein Bedürfnis kann der Wunsch nach Ruhe und Rückzug sein, nach Gemeinsamkeit, nach meinem eigenen „Ich-mach-das-eben-so“. Hier ist ein bisschen Übung angesagt und die Bedürfnisse des anderen sind ja auch noch da und wollen wenigstens ein bisschen mit berücksichtigt werden. Wer eine Antwort findet auf „Was brauche ich gerade?”, kann direkt zu #4 übergehen und sein Bedürfnis in Form einer Bitte äußern, z.B. „Können wir später darüber reden, ich bin gerade so kaputt und würde mich gerne kurz ausruhen“ oder „Wenn du heute im Homeoffice bist, könntest du eine Waschmaschine laufen lassen und aufhängen, ich gehe dafür einkaufen“ oder „Lass mich das mal auf meine Art und Weise machen, das hat bisher auch immer funktioniert“.
Ans Stille Örtchen bei Beziehungskrisen
Und wenn trotz aller Bemühungen bei Beziehungskrisen gerade gar nichts mehr hilft, dann ab in die Toilette. An diesem Mini-Rückzugsort helfen oft schon ein paar Minuten und die Stimmung ist nach der kleinen Unterbrechung wieder ein bisschen zahmer. Hilfreich ist auch, bereits vor dem nächsten Krach mal die persönliche Triggerliste zu erstellen: „Was bringt mich auf die Palme?“. Und vor allem: „Wie will ich beim nächsten Mal reagieren?“.
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