Ausbildung zum Heilpraktiker mit über 60 Jahren – geht das?: Wenn die meisten beginnen, auf die Rente zu schauen, machen sich einige auf den Weg, eine neue Karriere anzustrengen. Kann das funktionieren? Ist man mit Anfang 60 noch in der Lage, eine Ausbildung zum Heilpraktiker zu schaffen? Kann anschließend ein erfolgreicher Berufseinstieg gelingen? Und wenn es denn überhaupt möglich ist, kann das dann auch für den völlig fachfremden Quereinsteiger gelingen, der nicht bereits im medizinisch-pflegerischen Berufsumfeld unterwegs war?
Diese Fragen musste ich mir stellen, als ich Ende 2021 beschlossen habe, die Ausbildung zum Heilpraktiker für Naturheilkunde und Psychotherapie bei der Deutschen Heilpraktikerschule in Leipzig zu beginnen. Als langjähriger Geschäftsführer in mittelständischen Unternehmen mit Verantwortung für bis zu 350 Mitarbeiter und 50 Mio. Euro Umsatz war ich zwar an fleißige Arbeit und lange Arbeitstage gewöhnt und konnte Entscheidungen treffen und umsetzen. Aber ich hatte keinerlei Erfahrung im Bereich Naturheilkunde, Medizin oder Psychotherapie.
Heilpraktiker mit über 60 Jahren – meine Zwischenbilanz
Jetzt, nach einem guten Jahr in der Ausbildung und mit nur noch neun Monaten weiteren Lernens bis zu meiner Prüfung im März 2024, ist es Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Und dabei komme ich zu folgenden Ergebnissen:
- Es macht unglaublich viel Spaß und ich habe den Schritt weg von einem sicheren Arbeitsverhältnis hin zu einer beruflichen Neuausrichtung nie bereut. Es ist toll, etwas völlig Neues lernen zu dürfen und über sich und seine bisherigen Begrenzungen hinaus wachsen zu können. Dabei ist Motivation natürlich wesentliche Grundvoraussetzung für erfolgreiches Lernen. Insofern hilft mir die Freude am Inhalt ungemein beim täglichen Studieren.
- Ohne Disziplin und harte Arbeit geht es nicht. Wer glaubt, man könne diese Ausbildung nebenbei oder ohne klaren Fokus bestehen, wird voraussichtlich scheitern. Ich hatte durch meinen bisherigen Lebenslauf genug Disziplin, um die Arbeit für die Schule von Anfang an mit ergebnisorientiertem Blick auf die Abschlussprüfung anzugehen. Ich habe dazu jeden Tag mit der aus dem agilen Arbeiten bekannten Methode des Timeboxing klar strukturiert und in einzelne Boxes eingeteilt. Das kann ich als Arbeitstechnik jedem empfehlen.
- Ganz wichtig ist auch, dass ich von Anfang an nicht auf Auswendiglernen gesetzt habe, sondern auf echtes Verstehen. Es reicht mir nicht zu wissen, welche Formen des Komas es gibt oder welche Ödeme man unterscheiden kann. Ich will verstehen, was tatsächlich im Körper passiert. Und genau dadurch kann ich – obwohl ich natürlich mit Anfang 60 nicht in gleicher Weise Stoff lernen kann wie noch mit 30 – mir die Zusammenhänge merken und reproduzieren.
- Last but not least nutze ich sämtliche verschiedenen Kanäle und Instrumente zum Lernen: den Präsenzunterricht, private Arbeitsgruppen, die APP, den Online-Campus, die Vor- und Nachbereitung allein zuhause sowie zusätzliche Quellen z.B. über YouTube.
Fazit
So kann ich heute zusammenfassen: Ja, es geht! Man kann die Ausbildung zum Heilpraktiker mit über 60 Jahren gut schaffen und ohne Angst auf die amtsärztliche Prüfung hinarbeiten! Und man kann und sollte parallel dazu auch den Blick auf die anschließend kommende Selbstständigkeit richten. So bin ich bereits jetzt mit der Erstellung meiner Website beschäftigt und auf der Suche nach geeigneten Praxisräumen.
Vor allen Dingen aber bin ich damit beschäftigt, meine ganz persönliche Nische im Markt zu finden und zu definieren. Du solltest nicht einfach nur Heilpraktiker sein! Du willst für etwas stehen, was dich in besonderer Weise auszeichnet und was du besser kannst als andere. Deine Klienten sollen mit dir und durch dich gesünder werden. Sie sollen dich von ganzem Herzen für deine Leistung empfehlen können. Finde deine Nische – bei mir sind es die Zusatzausbildung zum Schematherapeuten sowie der Fokus auf Firmenkunden, die ich als langjähriger Geschäftsführer gut verstehe und deren Sprache ich spreche. Bei dir wird es etwas anderes sein. Vielleicht die Akupunktur, Homöopathie oder Phytotherapie.
Ich bin sicher, dass mit den oben genannten Punkten auch jeder ältere Schüler erfolgreich seinen Weg gehen und ein guter Heilpraktiker werden kann. Reife und Lebenserfahrung sind schließlich in unserem Beruf ein klarer Vorteil. Viele unserer Klienten werden sich gerade dann sicher und gut betreut fühlen, wenn sie in den Händen von Menschen sind, die auf den Erfahrungsschatz und die Kenntnisse eines langen Lebens blicken können.
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