Aufmerksamkeits- und Leistungskurven im Arbeitsalltag: Wer im Alltag seine Leistungskurven und Zeiten mit Aufmerksamkeitsdefiziten berücksichtigt, findet in diesem Wissen um die eigenen Stärken und Schwächen ein wunderbares Werkzeug zum Schutz vor Fehlern, Burnout, Krankheit, Stress und vielem mehr und wird den Alltag motivierter und kraftvoller durchleben. Der Autor, Lebenscoach und Entspannungstrainer Maik Lindner gibt in diesem Beitrag hierzu Tipps, Anregungen und teilt wertvolles Wissen.
Ein kurzer Rückblick in die Historie
Die Entdeckung der Leistungskurve (oder physiologische Arbeitskurve) verdanken wir dem deutschen Hochschullehrer und Psychiater Emil Kraepelin (1856–1926), der 1890 die psychologische Beziehung zwischen Arbeitszeit und Arbeitsleistung erforschte. Dabei bemerkte er, dass sowohl Leistung, Qualität und Produktivität starken Schwankungen unterliegen. Was er Fehlerkurve nannte, da bei Leistungstiefs mehr Fehler entstanden. Otto Graf, ein Mitarbeiter Kraepelins, ergänzte die Kurve noch um einige Faktoren, wie dem zirkadianen Rhythmus („innere Uhr“, Schlaf-Wach-Rhythmus) eines Menschen. Diese Erkenntnisse wurden im Laufe der Zeit verfeinert und finden u. a. Berücksichtigung in der:
- Arbeitsmedizin,
- Arbeitspsychologie,
- Sportmedizin und
- Betriebswirtschaftslehre.
Frühaufsteher, Langschläfer und der individuelle Biorhythmus
Welcher Leistungstyp wir sind, hängt vom Chronotypen ab. Hier wird allgemein unterschieden in:
- Menschen, die morgens sehr aktiv und leistungsstark sind,
- und solche, die erst recht spät aus dem Bett kommen und Nachtschwärmer oder nachtaktiv sind (wie Nachtpflegende im Krankenhaus, usw.).
Zusätzlich spielen natürlich weitere psychologische oder physische Faktoren eine Rolle, aber auch die persönliche Lebens- oder Ernährungsweise, die von Mensch zu Mensch verschieden sind. Ein Mensch, der schwer verdauliche Kost wie Fleisch zu sich nimmt, wird nach dem Mittagessen meist müder sein als ein Mensch, der vegetarisch lebt oder Rohköstler ist. Weil bei ersterem die gesamte Energie in die Verdauung wandert. Was offiziell als Schnitzelkoma (auch: Post-Lunch-Dip) bezeichnet wird.
Familien mit Babys oder Kleinkindern, die nachts schreien, oder Menschen, die bis morgens vor dem Fernseher hocken und Partylöwen werden morgens natürlich müder sein als Menschen, die darauf achten, geregelten Schlaf zu bekommen, früher zu Bett gehen und eher aufstehen. Im Mehrschicht- oder Nachtdienstsystem ist dies jedoch nicht immer möglich. Was natürlich den Melatonin-Hormonspiegel, (wichtig für gesunden Schlaf), durcheinanderwirbelt.
Lebenskrisen oder Unfälle und emotionaler Stress sind Gift für einen ausgewogenen Leistungshaushalt. Doch unser Gehirn ist anpassungsfähig und unser Körper bis zu einem gewissen Grad auch.
Allgemeine Leistungskurven
Offizielle Auswertungen ergaben, dass viele Menschen am Vor- und Nachmittag – zwischen acht und elf Uhr bzw. 15 und 17 Uhr ihr Leistungshoch haben. Manche noch ein drittes, als Abendschwung, etwa 21 Uhr. In diesen Zeiten sollten die schwersten und schwierigsten Aufgaben, die viel Kraft und Aufmerksamkeit erfordern, erledigt werden.
In den Tiefphasen dann Ruhepausen oder leichte Tätigkeiten, die nicht viel Kraft und Konzentration erfordern. Überstunden sind tödlich für die Leistungskurve.
Die eigene Leistungskurve (LK) finden
Wenn wir uns selbst beobachten und unseren Tagesablauf sowie unsere Bedürfnisse mit Höhen und Tiefen kennen, bedarf es nur noch ein Blatt Papier, einen Bleistift, etwas Routine und Disziplin, um für zwei bis drei Wochen einige Notizen zu machen. Wann sind wir müde oder wann leistungsstark? Und schon haben wir unsere ganz persönliche Leistungskurve gefunden, wonach wir uns ausrichten können. Zu lange Arbeitszeiten über Wochen, auch ohne Pausen, bringen die LK natürlich durcheinander.
Tipps und Ratschläge zur Verbesserung der Leistung und Aufmerksamkeit
Folgende Aspekte können für ein ausgewogenes Aufmerksamkeits- und Leistungsbereitschaftsziel hilfreich sein:
- interessante, nicht monotone Jobs (Abwechslung)
- regelmäßige Pausen (auch ein kleines 20-Minuten-Mittagsnickerchen/Powernap)
- ein kurzer Spaziergang an der frischen Luft
- ausgewogene Ernährung und leichtere vitamin-/nährstoffreiche Kost
- klare Kommunikation im Arbeitsleben („Ich bin gerade erschöpft und brauche mal eine Pause. Kannst du mal für mich weitermachen oder mich in dieser Zeit nicht stören?“)
- Meditation, Yoga oder entspannende Körper- und Geistübungen wie autogenes Training
- die eigene Leistungskurve und den Biorhythmus strikt berücksichtigen
- möglichst wenig Überstunden machen und Arbeit nicht „mit nach Hause nehmen“
- Haupttätigkeiten unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse und Leistungskurven ausführen – also Hochphasen besser nutzen und schlechte Gewohnheiten, die dies verhindern, überwinden
- sowie ein gutes Zeitmanagement (siehe mein Blogbeitrag „Zeitmanagement und Prioritäten setzen“).
Der Lohn dieser beharrlichen Bemühungen kann sich sehen lassen und führt nicht nur zu besseren Ergebnissen, sondern einem zufriedenen Leben, erhöhter Motivation, zunehmendem Selbstvertrauen, weniger Stress und womöglich auch mehr Lob und Anerkennung vom Vorgesetzten.
Quellen:
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Dieser Beitrag wurde von Maik Lindner verfasst. Er lebt am Starnberger See, arbeitet im sozialen und gesundheitlichen Bereich und ist Sachbuch- und Blogautor.