Von der Fremdbestimmung zurück zur Selbstbestimmung – Teil 1:„Frieda war wirklich ein Wunschkind, aber mein Leben ist jetzt schrecklich. Das habe ich mir vorher total romantisch vorgestellt, mit dem Baby, jetzt bin ich so ernüchtert und hab das Gefühl, das war der größte Fehler meines Lebens. Und ich weiß nicht mal, was es genau ist.“
So oder ähnlich kommen immer wieder junge Mütter in meine Praxis. Manchmal wollen sie ihr Kind am liebsten zurückgeben.
Was ist passiert?
Meistens waren diese jungen Frauen vor der Schwangerschaft sehr selbständig, haben eine Ausbildung nach Wunsch gemacht und hatten anschließend eine schöne Arbeit mit einer ordentlichen Bezahlung. Sie hatten einen tollen Freund und waren rundum zufrieden. Nach der Hochzeit fehlte dann nur noch ein Baby zu ihrem Glück. Und das kam dann auch bald. In der Schwangerschaft ging es ihnen noch total gut, sie konnten weiter arbeiten bis zum Mutterschutz.
Und dann ein Schrecken ohne absehbares Ende!
Das Baby schrie, obwohl sie sich so viel Mühe gaben. Da half kein Ratgeber. Der Haushalt wurde zur Last und die Beziehung war auch nicht mehr das, was sie mal war. Und genau da setzen wir mit der Therapie an: Das Baby bestimmt, was wann und wie gemacht wird. Da ist kein eigenes Geld mehr, keine Mädelsabende, kein Fitnessstudio. Und während Corona schon mal gar nicht. Nur noch Babytalk und Frieda bespaßen. Immer weiter zu kurze Nächte und nie Zeit für sich selbst. Das Leben ist komplett fremdbestimmt. Selbstbestimmung, das war einmal. Ja, genau so ist es, nickt die Mutter des Wunschkindes.
Von der Einsamkeit über die Zweisamkeit zur Dreisamkeit
Hier wurde aus positiver Einsamkeit als Single ein Paar mit Zweisamkeit. Jeder hatte vielleicht noch ein bisschen Einsamkeit übrigbehalten, machte noch ein bisschen Sport, traf sich noch mit den Freundinnen oder Freunden von früher. Aber meistens waren es dann doch eher Paare, mit denen man etwas machte. Da hatten alle Spaß. Doch dann kam der Nachwuchs und Zweisamkeit wurde zu Dreisamkeit. Plötzlich ist da nur noch Haushalt und Dreisamkeit oder Zweisamkeit mit dem Kind, wenn der Mann arbeiten geht – gehen darf. Der hat’s gut!
Von der Dreisamkeit zurück zur Zweisamkeit
Dann ist es Zeit, wieder rückwärts zu blicken. Wer könnte, wenigstens mal für ein paar Stunden, auf Frieda aufpassen und Mama und Papa ein bisschen Zweisamkeit ermöglichen? Wenn niemand da ist, kann man sich das trotzdem einrichten. Es muss ja nicht gleich Kino oder Kneipe sein, das Bewusste Tun ist es, was den Freiraum schafft. Es muss auch nicht so viel Zeit zu zweit sein wie früher, Hauptsache man hat überhaupt ein bisschen Zeit als Paar und genießt und schätzt sie. Frieda profitiert dann auch und schreit vielleicht schon nicht mehr so viel, wenn die Eltern ausgeglichener sind, sich wieder als Mann und Frau wahrnehmen, nicht mehr nur als Mama und Papa. Und wenn die Mama sich dann auch noch Zeit für sich zurückerobert, dann wird aus Fremdbestimmung langsam auch wieder Selbstbestimmung. Und Papa und Frieda machen vielleicht auch etwas total Schönes zusammen.
Hier finden Sie den zweiten Teil des Beitrags.
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Dieser Beitrag wurde von Dr. rer. nat. Bettina Klingner verfasst. Sie ist Dozentin für die Ausbildung zum Heilpraktiker für Psychotherapie an der Deutschen Heilpraktikerschule Aschaffenburg.
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