Wir haben in Deutschland nun die Zeitspanne der sozialen Distanz bis nach Ostern hinter uns gebracht – die Krise rund um die Coronapandemie traf jeden Menschen individuell. Doch viele belastende Auswirkungen trafen auf uns alle gleichsam zu:
Wir alle mussten plötzlich verzichten – auf geplante Termine, Urlaube, Konzerte, Geburtstagsfeiern, routinemäßige Arzttermine oder Restaurantbesuche. Besonders hart für die Jüngeren unter uns: Spielnachmittage mit Freunden fielen aus, die Schulen und Kindergärten sowie die Spielplätze und Begegnungsstätten wurden geschlossen und werden auch nur zum Teil und nur kleinschrittig wieder geöffnet werden können.
Dieser Zustand wird insgesamt für eine längere Zeit anhalten müssen. Erst sehr, sehr langsam wird das Leben wieder zurückkehren. Es wird große wirtschaftliche Einschränkungen geben und die Zukunft ist ungewiss. Dies belastet jeden von uns.
Ein Spruch in den Sozialen Medien blieb mir besonders hängen – jemand schrieb: „Ich fühle mich, als hätte die Welt gesagt: Jetzt gehst du auf dein Zimmer und denkst darüber nach, was du falsch gemacht hast!“
In der Tat sind viele Menschen nachdenklich und versuchen, einen tieferen Zusammenhang oder auch möglich Ressourcen zu sehen. Andere wiederum verzweifeln und sind von den Verlusten hart getroffen. Es wird diskutiert, welche Veränderungen insgesamt positiv sind und vielleicht beibehalten werden könnten.
Akzeptanz der Herausforderungen
Informationsaustausch und soziales Leben finden mit einem Mal überwiegend virtuell oder über das Telefon statt.
Wir lernen, die Welt mit anderen Augen zu sehen: Berufsgruppen mit wenig Repräsentanz in der Öffentlichkeit rücken in den Fokus: Krankenpflegende, Reinigungskräfte und Menschen im Verkauf erhielten viel mehr Aufmerksamkeit. Auch die elterlichen Leistungen werden plötzlich sichtbar: Sie müssen es schaffen, zuhause gleichzeitig ihre Kinder zu betreuen sowie auch Homeschooling abzubilden und zugleich noch arbeiten. Zudem fällt natürlich mehr Arbeit rund um Sauberkeit und Ernährung an, da alle Familienmitglieder zuhause sind.
Wir beobachten, wie sich Regierungen verhalten und machen uns ein Bild der jeweiligen politischen Fähigkeiten in diesem Krisenmodus.
Es schien in den letzten Wochen aber auch plötzlich vieles Unmögliche möglich: Kinder erschienen in Online-Meetings auf den Bildschirmen und es wirkte auf einmal gar nicht mehr unprofessionell.
Es lächelten sich mehr fremde Menschen auf der Straße und beim Einkauf an. Spontane Gespräche entstanden – auch auf einer Distanz von über einem Meter.
Die Natur erholte sich: Luft und Wasser wurden sauberer und einige Tierpopulationen wuchsen wieder an.
Es entstanden lokale und überregionale Gruppen zur gegenseitigen Unterstützung – ehrenamtlich wurden zahllose Gesichtsmasken genäht oder Einkaufsdienste übernommen.
Viele Menschen zeigten unglaubliche Ressourcen an Flexibilität, Einfallsreichtum und Belastbarkeit.
Zahlreiche Unterstützungsprogramme für Berufstätige und Selbstständige wurden entwickelt und sehr schnell umgesetzt. Die Mehrheit zeigte sich mit der politischen Gestaltung der Krise in Deutschland zufrieden.
Schattenseiten der Krise
Zugleich aber traten auch herbe Rückschläge und Herausforderungen hervor:
Familien gerieten in angespannte Belastungssituationen durch finanzielle Sorgen oder Zukunftsängste. Die meisten Selbstständigen traf der „Shutdown“ besonders hart – ihre Zukunft und ebenso die der gesamten Wirtschaft sind nicht mehr sicher. Krise und Rezession gehen miteinander einher – die Folgen sind noch nicht absehbar.
Menschen erkrankten und es starben über 1.500 Personen, weltweit sind über 1,2 Millionen Krankheitsfälle registriert worden.
Frauen und Kinder waren mehr häuslicher Gewalt ausgesetzt und Menschen mit Behinderungen sowie ältere und sterbende Menschen mussten mit stark reduzierter Pflege und Betreuung auskommen.
Menschen mit psychischen Erkrankungen standen ebenfalls vor großen Schwierigkeiten und individuellen Krisen: Depressiven Personen wurden wichtigen Grundlagen genommen, die Regelmäßigkeit und Struktur des Alltags sowie soziale Kontakte. Die Isolation kann zur Intensivierung der Symptomatik führen und bedarf einer regelmäßigen therapeutischen Begleitung.
Personen mit Angsterkrankungen und Panikattacken steckten plötzlich in einer Situation, die sie in ihr Zuhause sperrte: Therapeutisch relevante Konfrontationen waren kaum noch möglich – dazu kamen dann massive Verunsicherungen durch mediale Informationen und Ereignisse.
Psychotisch erkrankte Menschen und hier besonders Menschen mit einer paranoiden Symptomatik wurden mit Verschwörungstheorien konfrontiert und durch die heftige Veränderung des Alltags – ja, der ganzen Welt – bestand die Gefahr, sich in „einer seltsamen Realität“ wiederzufinden.
Die Zukunft
Ebenfalls sehr unterschiedlich wird die Zukunft wahrgenommen: Wir wissen derzeit einfach nicht genau, wie es weitergehen wird. Es wird im Zwei-Wochen-Rhythmus politisch entschieden, wie das öffentliche Leben verlaufen wird. Das ist ein sehr belastender Zustand für alle Menschen.
In der Achtsamkeitslehre wird geraten, jeden Moment und Tag einzeln zu betrachten. Und dies ist sicherlich ein guter Ansatz, wenn man ihn denn für sich umsetzen kann. Aber auch kleine Tipps können schon hilfreich sein.
Einige Tipps für die aktuelle Lage:
- Strukturieren Sie Ihren Tagesablauf und planen Sie Pausen ein. Auch Kinder brauchen sichere Tagesstrukturen sowie Gespräche über das aktuelle Geschehen, damit sie Ängste abbauen können.
- Bleiben Sie kreativ, möglichst flexibel und lösungsorientiert.
- Perfektionieren sie nichts: Weder das Homeschooling noch das eigene Gewicht – das ist nicht der Zeitpunkt für noch mehr Herausforderungen und Belastungen!
- Aber: Vielleicht macht ein Online-Sprachkurs Ihnen Freude oder ein gutes Buch aus dem (lokalen) Buchhandel. Stöbern Sie durch Fotoalben, schreiben Sie Briefe, machen Sie es sich kuschelig und suchen Sie Gespräche mit Familienmitgliedern oder Freunden – wenn es Ihnen guttut. Wir alle können wenig an dem ändern, was geschieht, aber ihm innerlich möglichst gestärkt begegnen. Dazu ist Selbstfürsorge unerlässlich – auch, wenn diese nur in sehr kleinen Schritten möglich ist.
- Bewegen Sie sich ausreichend: Alleine an der frischen Luft oder bei Spaziergängen mit Familienmitgliedern lassen sich Stresshormone abbauen. Walking oder Jogging sind weitere sehr gesunde Möglichkeiten, das Wohlbefinden zu steigern.
- Stärken Sie Ihren Körper, damit er fit ist, falls Sie erkranken sollten: Zwei bis drei Mal Sport pro Woche, Training der Armmuskulatur sowie des Zwerchfells bereiten den Körper und besonders die Lunge vor. Atemübungen sind hier sehr hilfreich. Das Immunsystem ist am Ende des Winters oft herausgefordert – stärken Sie es durch gesunde Ernährung und ausreichende Entspannungspausen. Eisern durchzuhalten ohne Pausen nützt wenig, wenn man nicht weiß, wie lange der zu überbrückende Zeitraum dauernd wird…
- Lesen Sie nicht zu viele Nachrichten rund um die Pandemie und halten Sie sich dabei am besten an offizielle, wissenschaftlich relevante Mitteilungen.
Hier finden Sie alle Informationen zu unseren Ausbildungen zum Heilpraktiker für Psychotherapie:
Dieser Artikel wurde von Saskia Epler für die Deutsche Heilpraktikerschule Mülheim / Ruhr verfasst.
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