Am 6. März ist der Welttag des Zahnarztes – ein willkommener Anlass, um über eine weit verbreitete, aber unbekannte Erkrankung zu sprechen: Sie hat viele verschiedene Gesichter, kann einem so manche Nächte rauben und lässt einen schon fast als Hypochonder dastehen. Und wer nichts davon weiß, ist vermutlich jahrelang von Orthopäde zu Augenarzt gerannt, hat Schuheinlagen bekommen, trägt eine neue Brille, hat beim HNO-Arzt einen Termin gehabt…und vielleicht sogar beim Psychotherapeuten, da Sie sich immer so schlapp, müde und ausgebrannt fühlen, insbesondere morgens nachdem Sie aufgestanden sind.
Sind Ihnen folgende Symptome vielleicht bekannt?
- Haben Sie morgens das Gefühl, dass Sie mehrere Kilogramm Walnüsse in der Nacht geknackt haben?
- Knirschen Sie mit Ihren Zähnen?
- Knackt es häufiger in Ihrem Kiefergelenk?
- Haben Ihre Zähne eher gerade Kanten und sehen aus als wenn sie abgeschliffen wären?
- Wenn Sie vor dem Spiegel Ihre Zähne aufeinanderbeißen, passen Ober- und Unterkiefer aufeinander?
- Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Unterkiefer mehr automatisch in eine Richtung bspw. nach rechts oder links „wandert“?
- Haben Sie morgens öfters Zahnschmerzen oder empfindliche Zahnhälse?
- Hatten Sie schon einmal die Situation, dass Sie Ihren Mund nicht mehr richtig öffnen konnten?
- Haben Sie morgens Schulter-Nacken-Schmerzen?
- Haben Sie unerklärliche Schulterschmerzen?
- Leiden Sie unter Kopfschmerzen, die von hinten nach vorne bis in die Stirn ziehen?
- Ist Ihnen öfters schwindelig?
- Haben Sie immer wieder einmal Sehstörungen wie Lichtempfindlichkeit oder sehen Sie manchmal doppelt?
- Ist Ihnen von Ihrem Orthopäden schon einmal gesagt worden, dass Sie eine schiefe Haltung haben oder einen Beckenschiefstand oder eine Beinlängendifferenz?
- Mussten Sie schon öfters eingerenkt werden aufgrund wiederkehrender Wirbelblockaden?
- Haben Sie trotz Massagen ständige Schulter-Nackenverspannungen?
- Fühlen Sie sich morgens nicht erholt, sondern eher gerädert als wenn Sie die ganze Nacht durchgearbeitet hätten?
- Haben Sie manchmal Ohrenschmerzen, für die keine Ohrenerkrankung gefunden werden konnte?
- Haben Sie Verletzungen oder Unfälle gehabt, die nicht therapeutisch von einem Osteopathen bis zur kompletten Genesung begleitet wurden?
- Als Frau, laufen Sie oft auf sehr hohen Schuhen? Sind Sie schon einmal dabei umgeknickt? Oder knicken Sie in letzter Zeit häufiger um?
Leiden Sie unter mehreren der oben genannten Symptome?
Dann kann es sein, dass Sie unter einer CMD leiden, einer Craniomandibulären Dysfunktion (Cranio, lateinisch = Kopf und Mandibula, lateinisch = Unterkiefer). Übersetzt heißt CMD somit, es liegt eine Dysfunktion zwischen Kopf und Kiefergelenk vor.
Eine kurze Erklärung dazu: Ihr Kiefergelenk hängt eng mit Ihrer Körperstatik zusammen. Die Lage Ihrer Zähne bestimmen die Form Ihres Unterkiefers und damit auch die Position Ihres Zungenbeins. Dies wiederum bestimmt schließlich Ihre Körperhaltung und Ihre Körperstatik. Stellen Sie sich eine Perlenschnur vor: Jede einzelne Perle ist auf einem feinen Seidenfaden aufgefädelt. Jetzt ziehen Sie eine Perle ein wenig in eine andere Richtung – dann verschieben sich die nachfolgenden Perlen, sprich es tritt eine Fehlspannung irgendwo in Ihrem Körper auf, sei es im Schulter-Nacken-Bereich, in Ihren Knien oder Füßen.
Wussten Sie, dass Sie damit nicht alleine dastehen?
Hier ein paar Zahlen, Daten und Fakten:
- Rund 18,9 Millionen Menschen pressen und knirschen nachts mit den Zähnen!
- Rund 8,3 Millionen Menschen leiden an Migräne!
- Rund 28,7 Millionen Menschen leiden Schulter-Nacken-Rückenschmerzen!
- Rund 18 Prozent der diagnostizierten CMD müssen tatsächlich behandelt werden, was bedeutet, dass nicht jeder, der eine CMD diagnostiziert bekommt, auch tatsächlich so darunter leidet, dass er sich behandeln lässt.
Das ist das Tückische an dieser unscheinbaren Erkrankung: Die Symptome sind so vielseitig, dass es nicht einfach ist, eine exakte Diagnose zu stellen.
Welche Ursachen gibt es für die CMD?
- Gelenkbezogene Ursachen
- Zahnbezogene Ursachen
- Muskelbezogene Ursachen
- Ich persönlich würde hier noch eine weitere Kategorie einfügen:
- Psychologische Ursachen
Denn Stress bauen wir gerne nachts ab, wenn es dafür zuvor keinen passenden Abreaktionsmechanismus gegeben hat. Unser Unterbewusstsein verarbeitet unsere Emotionen in unseren Träumen und dies kann sich auch im Zähneknirschen darstellen. Dabei rutscht durch das Zähneknirschen Ihr Kiefergelenksköpfchen nach hinten oder nach oben, während es in der Kiefergelenksgrube auf eine sehr empfindliche Nervenzone drückt.
Lassen Sie uns gemeinsam einen kurzen Ausflug in die Anatomie des menschlichen Körpers machen, wenn Sie die Zusammenhänge erkennen, dann wird Ihnen klar, warum die Ursache so vielseitig sein kann!
Anatomische Zusammenhänge!
Ihr Kiefergelenk besteht aus zwei Gelenkpartnern, dem Unterkieferbereich und Oberkieferbereich. Dazwischen liegt – ähnlich wie bei Ihrer Wirbelsäule – eine Gelenkscheibe.
Damit Ihr Kiefer stabil und beweglich ist, ist Ihr Kiefer eingebettet in einen Apparat von verschiedenen Muskeln, Faszien und Bändern. Dadurch ist Ihr Kiefer wiederum verbunden mit Ihrem Kopf, Ihrem Schulter-Nacken-Bereich usw. Ihr Kauapparat wird durch drei Äste eines Nervs versorgt, dem Nervus Trigeminus, der wiederum auch an weiteren Bereichen Ihres Kopfes, also auch an Ohren, Augen usw. beteiligt ist.
Gerät nun Ihre Kieferposition aufgrund eines Unfalls, einer Zahnbehandlung, viel Stress, Schwangerschaft, mangelnder Ausgleichsbewegungen usw. aus seiner feinen Balance, hat das wiederum Einfluss auf die Funktionen von Muskulatur, Mund, Zunge usw. So kann es auch zu Blockierungen in Ihrer Halswirbelsäule kommen, zu einem Beckenschiefstand, Beinlängendifferenz usw.
Diese Ursache herauszufiltern ist das Ziel einer interdisziplinären Zusammenarbeit von Orthopäden, Zahnärzten und Osteopathen.
Doch welche Möglichkeiten der Behandlung gibt es?
Die Behandlung ergibt sich aufgrund der Ursache für die CMD. In der Regel kommt es zu zahnmedizinischen Korrekturmaßnahmen. Ein auf CMD spezialisierter Zahnarzt passt Ihnen nicht nur eine spezielle Knirschschiene für die Nacht an, um Ihre Zähne vor dem Abrieb zu schützen, sondern auch eine regulierende Schiene die im 3D-Scanverfahren angepasst wird. Diese spezielle Aufbissschiene aus Kunststoff wird aller paar Monate in einem Veränderungsprozess der Kiefergelenkstellung angepasst und dadurch Ihre Zahnstellung verbessert und optimiert. Diese CMD-Schiene tragen Sie in den ersten Wochen 24 Stunden bis sie nach und nach nur noch zeitweise getragen werden muss.
Zeitgleich sollten Sie sich von Ihrem Osteopathen behandeln lassen. Dieser kann den Veränderungsprozess Ihres Kiefers begleiten und dementsprechend dafür sorgen, dass Ihr Muskel-, Band- und Faszienapparat ins Gleichgewicht kommt. Dabei unterstützt Ihr Osteopath den Prozess mit sanften manuellen Techniken, löst so Fehlspannungen und führt die knöchernen Anteile Ihres Schädel-Kauapparates in seine funktionelle Position zurück. Ein Psychologe kann Ihnen zeitgleich einige Tipps und Übungen zur Hand geben, um nachts ruhiger und effektiver zu schlafen.
Fazit
CMD ist keine Krankheit, sondern vielmehr zu verstehen als eine Ansammlung von Symptomen, die ihre Ursache überall haben können. Wenn Sie betroffen sind, holen Sie sich Unterstützung bei einem auf CMD spezialisierten Zahnarzt und einem Osteopathen Ihres Vertrauens! Die Behandlung dauert zwar ein paar Monate, aber CMD ist sehr gut behandelbar. Die beste Prophylaxe ist der regelmäßige Besuch bei Ihrem Zahnarzt, der für Ihre Zahngesundheit sorgt und Ihrem Osteopathen, der für Ihren Gesamtkörperstatus sorgt! Mittlerweile gibt es einige Praxen, die diese Zusammenhänge erkannt haben und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit anbieten! Somit wissen Sie sich dann in guten Händen. Sie kennen ja den Spruch: „Lächeln ist die einfachste Art, den Menschen die Zähne zu zeigen!“
Wer noch mehr über das Thema CMD erfahren möchte, kann sich auch in unserem Fachseminar Notfalltechniken für das Kiefergelenk weiter informieren.
Hier finden Sie alle Informationen zu unseren Heilpraktikerausbildungen:
Dieser Beitrag wurde von Nicole Steckenleiter verfasst.
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