Zum Thema Heilpraktiker – Hilfe oder Hokuspokus? diskutierte am 9. Januar 2017 der Moderator Andreas F. Rook in der Sendung FAKT IST! mit seinen Gästen Wir haben uns die Sendung angesehen und die wichtigsten Aspekte zusammengefasst.
Gäste der Sendung waren:
- Dr. Natalie Grams, Ärztin und Buchautorin,
- Maria Michalk, Gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU im Bundestag,
- Steffi Mehner, Heilpraktikerin und Leiterin einer Heilpraktikerschule,
- Prof. Joachim Kugler, Arzt und Gesundheitsökonom TU Dresden.
Link zur Mediathek: http://www.mdr.de/mediathek/fernsehen/sendung707104_ipgctx-false_zc-171a0f60_zs-1638fa4e.html
Trend zur Naturheilkunde und Heilverfahren
Laut der FAKT IST!-Redaktion gibt es deutschlandweit über 400.000 Alternativmediziner, die mit einer Palette von 200 Heilverfahren Patienten behandeln. Der Einstieg in die einstündige Diskussionsrunde befasste sich mit der Frage, warum die alternativen Heilverfahren einen solchen Aufwärtstrend erfahren.
Bis auf Dr. Natalie Grams waren sich die Gäste einigt, dass durch die erweiterten Möglichkeiten der Informationsbeschaffung über das Internet, die Patienten mehr über alternative Heilmethoden in Erfahrung bringen können. Alternative Medizin wird von den meisten Patienten als Ergänzung zur Schulmedizin gesehen, um die gesundheitliche Genesung voranzutreiben. Eine vollständige Ablehnung der Schulmedizin halten alle Diskutanten als gefährlich und nicht zielführend. Grams hingegen sieht die verfügbaren Informationen im Netz als unzureichend für die Patienten.
Ein weiterer Grund für die zunehmende Nachfrage nach Heilpraktikern ist die Enttäuschung der Patienten über das Gesundheitssystem. Die fehlende Zeit für ausführliche Gespräche der Ärzte mit ihren Patienten ist nicht gegeben. Laut dem Gesundheitsökonom Prof. Joachim Kugler fehlt die sprechende und zuhörende Medizin. Diese ist für den Heilungsprozess von immenser Bedeutung. Und diesen Aspekt greifen die Heilpraktiker auf.
Kugler regt an, die alternativen Heilmethoden in die Schulmedizin zu integrieren bzw. als Komplementärmedizin aufzunehmen. Die sei in anderen Ländern, wie zum Beispiel der USA, bereits eine völlige Selbstverständlichkeit. Die scharfe Trennung zwischen Schul- und alternativer Medizin wie in Deutschland sei veraltet.
Unterschiede zwischen einem Heilpraktiker und einem Arzt
Die Heilpraktikerin und Leiterin einer Heilpraktikerschule, Steffi Mehner, erläuterte im Beitrag, dass der therapeutische Ansatz von Heilpraktikern ganzheitlich ist. Somit werde nicht nur die Erkrankung selbst, sondern auch die Ursachen, Symptome und der Werdegang der Krankheit betrachtet. Dafür spielen Geist, Seele und biochemische Vorgänge ebenso eine Rolle wie die Lebenssituation eines Patienten. Im Unterschied zum Facharzt kennt der Heilpraktiker den Patienten ganzheitlich und nicht ausschließlich das aktuelle Krankheitsbild. Laut Mehner fehle die Einbindung des Heilpraktikers ins gesamte System.
Dr. Natalie Grams sieht die Integration wirksamer Heilverfahren in die Schulmedizin als Lösung. Heilverfahren, deren Wirkung nicht belegbar seien oder die von dem aktuellen wissenschaftlichen Wissen abweichen, dürften nicht für Patienten zum Einsatz gebracht werden.
Kugler hingegen sieht den Placebo- und Wohlfühleffekt für Patienten bei dieser These vernachlässigt. Aber genau dieser Effekt, ist in der gesamten Genesung – vor allem bei Schmerzpatienten oder anderen chronischen Krankheiten – nicht zu unterschätzen.
Auseinandersetzung zur Ausbildung Heilpraktiker
Bereits im Einspieler vor diesem Thema wird deutlich, dass es eine große Unwissenheit über den Beruf des Heilpraktikers vorliegt.
Mehner skizziert in ihrem Statement die aktuelle Situation. Der Ausbildungsweg ist nicht geregelt, dennoch muss der Heilpraktikeranwärter eine Überprüfung beim zuständigen Gesundheitsamt ablegen, die ein umfangreiches medizinisches Wissen voraussetzt.
Kugler plädiert für die Akademisierung der medizinischen Berufe. So wie es bei anderen Heilberufen und medizinischen Berufen, wie Osteopathie oder der Traditionellen Chinesische Medizin bereits erfolgte, sei auch der Heilpraktikerberuf als akademischer Ausbildungsberuf mit einem Bachelor- und Masterabschluss die sinnvolle Zielsetzung. Deutschland sei eines der wenigen Ländern, die zwei Berufsgruppen – Ärzte und Heilpraktikern – erlaube befundend tätig zu sein. Eine Gleichsetzung von Arzt und Heilpraktiker dürfe nicht stattfinden.
Die Autorin Grams grenzte deutlich den Unterschied und das inhaltliche Niveau zwischen Heilpraktikern und Ärzten ab. Eine Heilpraktikerausbildung sollte in ihren Augen nicht akademisiert werden. Vielmehr sind die wirkungsvollen Methoden der Heilkunde in das medizinische Studium zu integrieren. Ebenso ist ihr der praktisch orientierte Anteil in der Ausbildung wichtig.
Die gesundheitspolitische Sprecherin sieht in dieser Diskussion und Anpassung der Ausbildungsinhalte die Berufsverbände gefordert, Leitlinien und Richtlinien festzulegen. Wie auch im PSG III gefordert. Aber sie sieht auch eine jahrelange Diskussion, denn Berufsgesetze sind Ländersache und eine Kooperation der Länder ist notwendig. Die Leitlinien zu ändern, sei aber der erste notwendige Schritt.
Rechte und Pflichten des Heilpraktikers
Anders als in der öffentlichen Wahrnehmung haben Heilpraktiker umfangreiche Rechte und Pflichten, die sie zu befolgen haben. Diese ergeben sich aus dem Heilpraktikergesetz, Bürgerlichen Gesetzbuch und weiteren Vorschriften. Auch die Grenzen der Naturheilkunde muss der Heilpraktiker kennen.
Um sich gegen „schwarze Schafe“ zu schützen bzw. auf Unstimmigkeiten hinzuweisen könne beim zuständigen Gesundheitsamt Beschwerde eingelegt werden. Die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde kann bei gesetzlichen Verstößen jederzeit entzogen werden. Auch hier sind die Verbände gefordert, mehr Qualität zu sichern.
Unser Fazit zur Sendung
Die Sendung und Diskussion hat den Beruf des Heilpraktikers nicht geschadet und viele Vorurteile und falsche Ansichten aufgeräumt. In der Diskussion ist auch deutlich geworden, dass es noch ein langer Weg ist, um den Beruf des Heilpraktikers klar und deutlich zu definieren. Vor allem die Ausbildung muss klar geregelt werden, um auch zukünftig für alle Beteiligten – Patienten, Kassen und Ärzte – Klarheit zu schaffen.
Der Wunsch vieler – auch in dieser Sendung – ist die Trennung zwischen Schul- und alternativer Medizin aufzuheben. Vielmehr sind die naturheilkundlichen Heilverfahren als komplementär zur Schulmedizin zu sehen. Eine Verbindung und Verzahnung des Arztes und des Heilpraktikers sind wünschenswert.
Wir sind gespannt auf die weiteren Diskussionen, die uns in diesem Jahr noch zu unserem Berufsstand erwarten und werden aktiv daran teilnehmen.
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