Ernährung bei verschiedenen Krankheitsbildern ‒ Teil 5: Ernährung und psychische Erkrankungen: Psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder auch Schlafprobleme und chronischer Stress sind weit verbreitet. Die Ursachen sind vielfältig, von genetischen und hormonellen Faktoren über traumatische Erfahrungen bis hin zu psychosozialen Belastungen und Lebensstil. Was dabei oft übersehen wird: Auch die Ernährung spielt eine bedeutende Rolle für unser seelisches Gleichgewicht.
Die noch junge Disziplin der Ernährungspsychiatrie beschäftigt sich damit, wie unsere Ernährung biochemisch auf das Gehirn wirkt und eröffnet dabei spannende neue Perspektiven. In Teil 5 unserer Blogreihe schauen wir uns an, wie sich bestimmte Lebensmittel auf unsere Psyche auswirken können und wie wir mit bewusster Ernährung das seelische Wohlbefinden unterstützen können.
Die Darm-Hirn-Achse
Unser Darm kommuniziert mit dem Gehirn über ein komplexes Netzwerk von Nerven, Hormonen und Botenstoffen. Diese Verbindung wird als Darm-Hirn-Achse bezeichnet. Die Wissenschaft entdeckt zunehmend die Verbindung zwischen Darmgesundheit und psychischer Gesundheit. Der Darm wird nicht umsonst als „zweites Gehirn“ bezeichnet, rund 90 Prozent des Glückshormons Serotonin werden hier produziert. Ein gesunder Darm mit einem vielfältigen Darmmikrobiom kann:
- sich daher positiv auf unsere Stimmung auswirken,
- Entzündungen reduzieren,
- Stresshormone regulieren
- und Glückshormone wie Serotonin fördern.
Förderlich sind:
- Ballaststoffreiche Lebensmittel wie Vollkornprodukte, Gemüse, Hülsenfrüchte
- Präbiotische Lebensmittel wie Chicorée, Topinambur, Zwiebeln
- Fermentierte Produkte wie Sauerkraut, Kimchi, Kefir, Kombucha, Joghurt (probiotisch)
Mikronährstoffe für die Psyche
Ein Mangel an bestimmten Vitaminen, Mineralstoffen oder Fettsäuren kann die Psyche direkt beeinflussen. Gerade bei psychischen Beschwerden lohnt sich ein Blick auf die Versorgung mit folgenden Nährstoffen:
- Vitamin D: Ein Zusammenhang zwischen dem „Sonnenschein“-Vitamin und Depressionen wird diskutiert. Depressive Menschen weisen häufig einen sehr niedrigen Vitamin-D-Spiegel auf. Quellen: Sonnenlicht, Fisch, Eier, bestimmte Pilze.
- B-Vitamine (v. a. B6, B12, Folsäure): Diese sind sehr wichtig für die Bildung von Neurotransmittern, die eine Weiterleitung von Reizen ermöglichen. Quellen: Fleisch, Fisch, Eier (Vitamin B12) und Hülsenfrüchte, grünes Blattgemüse (Folsäure).
- Magnesium: Es kann das Nervensystem „beruhigen“ und bei Stress und innerer Unruhe helfen, indem es beim Abbau von Stresshormonen unterstützt. Quellen: Nüsse, Haferflocken, grünes Blattgemüse.
- Zink: Ein weiterer Mikronährstoff, der wichtig für die Hirnfunktion, die Immunabwehr und die Bildung von Neurotransmittern ist. Quellen: Kürbiskerne, Haferflocken, Fleisch, Linsen.
- Omega-3-Fettsäuren (kein Mikronährstoff): Diese essenziellen Fettsäuren wirken entzündungshemmend und stimmungsaufhellend. Quellen: Fettreicher Fisch, Leinsamen, Leinöl.
- Tryptophan (kein Mikronährstoff): Als essenzielle Aminosäure, die wir über die Nahrung aufnehmen müssen, bildet Tryptophan u. a. die Vorstufe der Neurotransmitter Serotonin und Melatonin. Diese beeinflussen unser Wohlbefinden und den Schlaf-Wach-Rhythmus. Quellen: Nüsse, Kartoffeln, Milchprodukte, Fleisch, Eier.
- Antioxidantien (kein Mikronährstoff): Diese sekundären Pflanzenstoffe können das Nervensystem unterstützen und physiologische Stressreaktionen reduzieren. Quellen: Beeren, dunkle Schokolade, grüner Tee, Obst und Gemüse.
Zucker, Koffein & Co. ‒ der Einfluss von Stimulanzien
Zuckerreiche und stark verarbeitete Lebensmittel können Blutzuckerschwankungen auslösen, was sich auf Stimmung und Energielevel negativ auswirken kann. Auch zu viel Koffein kann innere Unruhe und Schlafstörungen verstärken, ein häufiges Symptom bei Angstzuständen und Depressionen.
- Zucker sorgt für schnelle Blutzuckerspitzen, gefolgt von einem schnellen Abfall, der zu Reizbarkeit, Müdigkeit und Stimmungstiefs führen kann. Wichtiger ist eine stabile Blutzuckerkurve durch regelmäßige, vollwertige Mahlzeiten mit ausreichend Protein, gesunden Fetten und komplexen Kohlenhydraten.
- Stark verarbeitete Lebensmittel sollten weitestgehend gemieden werden, da diese häufig, Entzündungen fördern können.
- Ein übermäßiger Koffeinkonsum kann innere Unruhe und Schlafstörungen begünstigen, vor allem bei Menschen mit Angststörungen oder Burnout. Eventuell sollte man probieren, Koffein wegzulassen, und schauen, ob es eine Linderung bringt.
- Auch Alkohol sollte gemieden werden, da er Angstsymptome verstärken und den Schlaf verschlechtern kann.
- Eine ungünstige Ernährung kann zu Schlafstörungen führen, die wiederum Einfluss auf unsere psychische Gesundheit haben können.
Essen mit Achtsamkeit
Nicht nur was wir essen, sondern auch wie wir essen, hat Einfluss auf unser psychisches Wohlbefinden. Gerade bei psychischen Belastungen neigen viele Menschen zu emotionalem Essen, Appetitlosigkeit oder unregelmäßigen Mahlzeiten. Dabei kann das achtsame Essen ein kraftvolles Werkzeug zur Selbstregulation sein, es kann helfen, aus dem Stress-Modus herauszukommen und ein gesünderes Körpergefühl zu entwickeln. Achtsames Essen bedeutet:
- Im Hier und Jetzt essen, ohne Ablenkung durch Handy, TV oder Hektik.
- Den Geschmack, Geruch und die Textur bewusst wahrnehmen.
- Hunger- und Sättigungssignale wahrnehmen.
- Sich selbst mit Freundlichkeit begegnen, auch beim Essen.
Tipp: Nehmen Sie sich bei mindestens einer Mahlzeit pro Tag vor, ganz bewusst und ohne Ablenkung zu essen, und beobachten Sie, wie sich Ihr Essgefühl verändert.
Diese Bowl ist nicht nur farbenfroh und sättigend, sondern steckt voller Zutaten, die Ihre Psyche positiv beeinflussen, z. B. Omega-3-Fettsäuren, B-Vitamine, Magnesium und Tryptophan. Sie eignet sich ideal als Mittagessen, denn sie hält lange satt und vermeidet das Nachmittagstief.
Zutaten (für 3 Portionen):
Basis:
- 150 g Quinoa oder Hirse (gekocht)
Toppings:
- 1 Süßkartoffel (gewürfelt und im Ofen geröstet)
- 1 Dose geröstete Kichererbsen (für Crunch)
- 1 Naturtofu (gewürfelt und im Ofen geröstet)
- 1 Handvoll Babyspinat oder Rucola
- 1/2 Avocado (in Scheiben)
- 1 Karotte (gehobelt)
- 1 kleine rohe rote Bete (gehobelt)
- 1 Lauchzwiebel (fein geschnitten)
- 3 EL fermentiertes Gemüse (z. frisches Sauerkraut oder Kimchi)
- 3 EL Kürbiskerne oder Walnüsse
- 3 EL Feta (optional)
Dressing:
- 4 EL Leinöl
- 1 EL Apfelessig oder Zitronensaft
- 1 EL Senf
- 1 TL Ahornsirup oder Honig
- Salz, Pfeffer nach Geschmack
Zubereitung:
- Quinoa/Hirse nach Packungsanleitung kochen.
- Süßkartoffel würfeln, mit Olivenöl, Salz und Kurkuma würzen und im Ofen (ca. 180 °C) 20‒25 Minuten backen.
- Dose Kichererbsen abtropfen lassen und gut trocken tupfen, mit etwas Öl und Gewürzen nach Wahl (z. B. geräuchertes Paprika-Pulver) in den Backofen und so lange rösten lassen, bis sie knusprig sind (Ofentür zum Wasserdampf ablassen immer mal kurz öffnen).
- Tofu gut trocken tupfen, würfeln und mit etwas Öl und Gewürzen nach Wahl im Ofen backen.
- Baby-Spinat/Rucola, Avocado, Rote Beete, Karotte, Lauchzwiebel vorbereiten und in Schüsseln anrichten.
- Kürbiskerne und Walnusskerne können in einer beschichteten Pfanne noch etwas angeröstet werden, bis sie gut riechen.
- Alle Zutaten für das Dressing verrühren und über die fertig angerichtete Bowl geben.
- Mit Kernen/Nüssen, fermentiertem Gemüse und ggf. Feta toppen.
Beantworten Sie die folgenden Fragen mit „ja“ oder „nein“:
- Ich nehme mir bewusst Zeit für meine Mahlzeiten – ohne Ablenkung (z. Handy oder TV).
- Ich esse in einem angenehmen Tempo und kaue gründlich.
- Ich bemerke, wann ich wirklich Hunger habe – und wann ich aus Stress oder Langeweile esse.
- Ich spüre, wann ich satt bin – und höre dann meistens auf zu essen.
- Ich nehme mir bewusst Zeit, den Geschmack und die Konsistenz meines Essens wahrzunehmen.
- Ich esse mit Genuss – und ohne schlechtes Gewissen.
- Ich wähle Lebensmittel, die mir guttun – körperlich und seelisch.
- Ich gehe achtsam mit Snacks und Naschereien um.
- Ich habe ein liebevolles Verhältnis zu meinem Körper – unabhängig von meiner Ernährung.
- Ich reflektiere ab und zu mein Essverhalten, ohne mich dafür zu verurteilen.
Auswertung:
- 8–10× „Ja“: Sie haben bereits ein sehr achtsames Essverhalten – wunderbar!
- 5–7× „Ja“: Sie sind auf einem guten Weg, kleine Impulse können Sie weiter stärken.
- 0–4× „Ja“: Vielleicht dürfen Sie sich mehr Zeit für Ihre Bedürfnisse nehmen – achtsames Essen kann ein wertvoller Schritt sein.
Fazit ‒ Ernährung und psychische Erkrankungen
Die Ernährung ist kein Allheilmittel für psychische Erkrankungen, aber ein wirksamer Baustein auf dem Weg zu mehr seelischem Gleichgewicht. Eine ausgewogene, nährstoffreiche Ernährung unterstützt nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche. In Kombination mit Bewegung, Schlafhygiene, therapeutischer Begleitung und Achtsamkeit kann sie ein wertvoller Beitrag zur seelischen Gesundheit sein.
Quellen:
- https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/s-0041-109259.pdf
- https://www.aerzteblatt.de/archiv/ernaehrung-und-psyche-essen-ein-wechselspiel-zwischen-kopf-und-bauch-c1ee9daf-e01a-4f93-b8d6-1e5f88dae60e
- https://flexikon.doccheck.com/de/Darm-Hirn-Achse
- https://www.tagesschau.de/wissen/gesundheit/darm-hirn-achse-100.html
- https://natuerlich.thieme.de/therapieverfahren/naehrstofftherapie/detail/mit-naehrstoffen-stimmung-machen-2025
- https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Gute-Ernaehrung-kann-helfen-Depression-zu-lindern,depression254.html
- https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/die-ernaehrungsdocs/Depression-Wie-Ernaehrung-die-Stimmung-beeinflusst,ernaehrungsdocs832.html
- https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Achtsam-essen-Wie-funktioniert-es-was-bringt-es,achtsamessen100.html
- https://www.klinik-friedenweiler.de/blog/die-rolle-der-ernaerung-der-bei-der-behandlung-von-psychischen-erkrankungen/
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Dieser Beitrag wurde von Anne Stoye, Dozentin der Fernakademie im Praxisseminar Klarheit im Dschungel der Ernährungsformen, verfasst.