Wie Hormone Stimmung und Verhalten beeinflussen: Wenn die Stimmung kippt, das Verhalten schwierig ist und manches plötzlich nicht mehr geht, obwohl man eigentlich will, ist dies häufig die Folge von hormonellen Dysbalancen. Im Folgenden werfen wir einen Blick hinter die Kulissen unseres Hormonsystems und zeigt, wie fein abgestimmt und gleichzeitig tiefgreifend die Wirkung dieser Botenstoffe auf Körper und Psyche ist – und warum hormonelle Dysbalancen häufig unterschätzt werden.
Hormonelle Achterbahnen – Pubertät, Wechseljahre und mehr
Im Teenageralter ist dies bei der Pubertät noch völlig klar – da stellen sich die Hormone um, der Körper kommt mit dem aufgewühlten Cocktail der Geschlechtshormone – vornehmlich Progesteron und Östradiol bei den Mädchen, Testosteron bei den Jungen – schlecht zurecht. Man hat eben ein Pubertier zuhause. Und man weiß: Das geht vorbei. Es ist eine Phase. Der Körper wird das schon noch lernen mit den Hormonen. Und das stimmt ja auch. Es geht vorbei, der Körper lernt – und trotzdem sind die Aktionen und Reaktionen der Pubertierenden oft hormongefärbt, ohne, dass man aus seiner Haut kann. Und alle anderen haben hoffentlich mehr als nur ein zerfetztes Nervenkostüm im Schrank, haben hoffentlich gute Hormonspiegel. Denn das Kind ist zum Beispiel scheinbar grundlos gereizt – aber vermutlich hat in dieser Phase einfach das Östradiol gerade die Überhand.
Dies ist auch der Fall in der Wechselzeit. Manche Scheidungen fänden vermutlich gar nicht statt, wenn allen Beteiligten klar wäre, dass die Frau gerade in der Wechselzeit und der Mann in der Andropause (physiologischer Rückgang des Testosteronspiegel des Mannes bei fortschreitendem Lebensalter) ist.
Wenn Hormone krank machen – und keiner glaubt es
Hormonelle Schwankungen sind im Grunde genommen immer körperliche Probleme, teilweise gar chronifizierte Krankheiten. Man kann das gar nicht massiv genug betonen! Es gibt körperliche Symptome und auch psychische Symptome, die allein aufgrund von hormonellen Störungen oder Erkrankungen der Hormondrüsen auftreten.
Das kann sehr belastend sein – zudem werden die Betroffenen oft nicht ernst genommen. Wenn überhaupt jemand darauf kommt, dass es eine Störung im Hormonsystem sein könnte, wird oft gesagt: „Das bisschen Hormone, das kann einen doch nicht so umhauen!“. Ansonsten wird man einfach als hysterisch, faul, disziplinlos oder ähnliches abgetan.
Wenn zum Beispiel aber die Nebennieren nach langen Stress- oder Krankheitsphasen, bzw. gar traumatischen Erlebnissen, schlapp machen, kann der Körper die Energie, die es benötigt, um morgens aufzustehen und seinen Alltag zu bewältigen, gar nicht mehr bereitstellen. Denn dafür benötigen wir Kortisol. Mit einer Nebennierenschwäche können die notwendigen Kortisolspiegel nicht mehr bereitgestellt werden. Gleiches gilt für einen Burnout. Dieser ist mit purer Willenskraft nicht überwindbar. Die Nebennieren müssen regenerieren, müssen wieder normale Kortisolpegel produzieren. Erst dann ist man wieder leistungsfähig. Ein zu niedriger Kortisolspiegel kann außerdem sehr reizbar machen und Sinneseindrücke (sehen, riechen, hören) sind kaum noch adäquat zu verarbeiten – dann ist selbst das Geräusch des Wasserkochers zu viel und die Zimmerbeleuchtung plötzlich so grell, dass es nur mit Sonnenbrille auszuhalten ist.
Die heimlichen Herrscher – Hormone und ihr umfassender Einfluss
Eine Östradioldominanz und ein Progesteronmangel kann ebenfalls reizbar machen – wehe, es atmet jemand neben einem zu laut. Ach, und der zu niedrige Testosteronspiegel kann zu vermehrt aggressivem Verhalten führen. Tatsächlich weiß man mittlerweile, dass Männer mit physiologischen Testosteronspiegeln fairere Verhandlungspartner sind als jene, die zu niedrige Testosteronkonzentrationen aufweisen.
Adrenalin und Dopamin können uns wach machen und belohnen – aber auch in einer Sucht münden. Nach dem nächsten lebensgefährlichen Kick. Nach dem nächsten unbedeutenden Reel. Ein Mangel an Progesteron, Serotonin oder auch den Schilddrüsenhormonen T4/T3 kann zu Depressionen und dem Verlust der Lebensfreude führen. Oxytocin führt zu einer besseren Bindung zwischen Lebewesen, auch Frauchen und Katze, und hilft uns beim Wohlfühlen und beim Schutz der eigenen Familie.
Die meisten unserer körperlichen Vorgänge und unsere Stimmung sind hormonell gesteuert oder zumindest beeinflusst. Das Hormonsystem ist ein großes Konstrukt, ähnlich viele Zahnräder, die einander beeinflussen, antreiben, bremsen. Nicht nur direkt, wie etwa TSH die Schilddrüse dazu animiert, Hormone zu synthetisieren und freizusetzen. Sondern auch indirekt, etwa indem Progesteron positiv die Körpertemperatur beeinflusst, wodurch das Enzym TPO, das die Schilddrüsenhormonsynthese zwingend benötigt, besser arbeiten kann.
Die Hormone sind so viel mehr, als nur ein paar Moleküle, die unseren Zyklus, die Libido und vielleicht irgendwie noch das Gewicht beeinflussen. Die Hormone sind die heimlichen Herrscher im Verborgenen.
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Dieser Beitrag wurde von Juliane Herzberg, Tutorin der Online-Ausbildung zum Hormoncoach, verfasst.