Selbstliebe und Gesundheit

Ein Bericht über langjährige Erfahrungen in verschiedenen sozialen Tätigkeitsfeldern zum Thema „Selbstliebe und Gesundheit“.

Ein weiser Mensch sagte einmal:

„Wenn ich alles weiß und kann und alle Schätze dieser Welt besäße, aber die Liebe nicht, dann bin ich nichts.“ (Franz von Assisi)

Wie Recht er wohl hatte, begriff ich erst nach vielen Jahren durch die Praxis in unterschiedlichsten Lebensbereichen und Tätigkeitsfeldern. Beispielsweise als Ayurvedamasseur, Entspannungstrainer, Lehrer für Autogenes Training, Mentalcoach, Streetworker, Aussteiger oder Dichter, Denker, Philosoph und meiner Arbeit im Pflegebereich. Woraus das Verständnis entstand, dass es noch mehr gibt als das, was wir sehen.

Eins dieser großen unsichtbaren Dinge ist die Selbstliebe

Die in einer Welt, die lieber „cool drauf“ als gefühlvoll und emphatisch ist, irgendwie im stressigen Alltag, angefüllt mit Terminen, verloren geht. Was interessant ist, denn heute wissen wir durch Studien und Expertenstimmen immer besser, dass die Basis für eine gute Erziehung die Liebe ist. Aber vergessen, nach diesen Erkenntnissen zu leben und die Gesellschaft zu gestalten. Mit verheerenden Folgen, da der Mangel an Liebe bekanntermaßen Menschen tatsächlich krank macht. Wodurch sich dieses Erbe, wie wir heute ebenfalls wissenschaftlich ausreichend erforscht begreifen, genetisch über viele Generationen fortsetzt. Bis wir es schaffen, diesen Kreislauf zu durchbrechen.

Erfahrungen aus meiner Zeit als Streetworker

Ich erinnere mich hier an einige Beispiele aus meiner Zeit als Streetworker:

Wie an einen jungen Mann namens „Joe“, der sein Leben hasste, sich in Frauengewänder kleidete und offensichtlich große Probleme mit der Liebe zum Leben und seinen Mitmenschen hatte. Da er als Kind von seiner Mutter zutiefst abgelehnt wurde. Welche selbst ihr Leben hasste.

Oder an die gut gekleidete „Lisa“, aus einer gehobenen gesellschaftlichen Position, mit gutem Einkommen, aber Alkoholproblem. Die mich damals ansprach, dass sie innerlich so ausgebrannt sei und sich am liebsten jedem an den Hals werfen könnte, nur um eine Umarmung und etwas menschliche Liebe zu erhalten. Was mich natürlich schockierte.

Aber auch an „Herbert N.“ der sich mit Krückstock fortbewegte, aber im menschlichen Miteinander so wohl fühlte, dass er durch die ihm entgegengebrachte Liebe meinte, seine Gehbehinderung fast nicht mehr zu spüren.

Und an ein anderes Beispiel dieser verrückten Zeit: Als ich in ein von Punks besetztes Haus zu einem Vortrag eingeladen wurde und man mir nach dem Vortrag über menschliche Werte bekundete, wie schön es sei, endlich einem Menschen zu begegnen, bei dem man nicht das Gefühl bekäme, eine „miese Ratte“ zu sein.

Viele solcher Begegnungen stimmten mich nachdenklich und vergesse ich nie, wie die mit „Lissi“, einem 16-jährigen Mädchen, die wundervolle Zeichnungen anfertigte, darin sehr begabt war, aber sich trotzdem mit Rasierklingen in die Arme ritzte. Was auf tiefen Schmerz und großen Mangel an Selbstliebe hindeutete. Wobei sie mir schilderte, dass sie sich in dieser Welt der Geistlosigkeit und Kälte verloren und innerlich leer fühlte.

Erfahrungen aus meiner Zeit als Ayurvedamasseur

Aber auch die „Erfolgreichen“, jene, die es „geschafft“ und sich durch Fleiß und Rastlosigkeit hochgearbeitet hatten, aber keine Rücksicht auf ihren Körper nahmen, der nur zu funktionieren hat, traf ich als Ayurvedamasseur. Die beladen und durch Stress gebeugt kamen, sich teure Behandlungen leisteten, erleichtert und aufrecht weggingen, aber nach einem Jahr wieder gebeugt zurückkehrten. Mit Rückenmuskulatur, die eher hartem Stein als menschlichem Körpergewebe glich. Weshalb ich mich zu fragen begann: Was machst du hier eigentlich? Könnte das Problem nicht woanders liegen? Und könnte man nicht dieses Problem viel besser lösen, indem man solchen Menschen erst einmal zeigt oder sie lehrt, dass es auf ein gesundes Mittelmaß zwischen Aktivität und Passivität ankommt? Und sie damit Krankheit, Stress und viele Leiden umgehen bzw. nur noch selten krank würden, wenn sie darauf achten? Was ich bald in Vorträgen und Seminaren – u.a. in Zusammenarbeit mit einer Kurklinik – anzusprechen begann.

Und wie steht unsere Gesellschaft heute zur Selbstliebe?

Wenn ich die Ereignisse von damals mit heute vergleiche, sehe ich eine Welt, die durch Digitalisierung, Smartphone und Co. immer mehr von sich wegzurücken scheint. Und sich damit auch von der Liebe in ihrem Herzen entfernt. Burnout ist im Zeitalter der Digitalisierung zur neuen großen Volkskrankheit geworden und damit auch die Lieblosigkeit. Denn wer sich selbst pausenlos antreibt und nur Energie durch Erfolg sucht, liebt sich nicht. Respektiert und liebt seinen Körper nicht. Und wer seinen Körper nicht liebt und jene kleinen Mikrosignale wie Kopfschmerzen, Erschöpfung oder ein kleines Zwicken hier oder dort nicht ernst nimmt und innehält, legt den Grundstein, dass Leiden chronisch wird.

Und so sind wir eine Gesellschaft der intellektuellen Genies geworden, die Daten in Sekunden herunterlädt und sich weltweit vernetzt, aber innerlich leer gebrannt ist. Worin chronische Krankheiten eine wachsende Rolle in den Krankenkassenberichten spielen. Was viele Jugendliche noch spüren, weshalb sie in immer größeren Ausschweifungen Zuflucht suchen. Denn Alkohol-, Spiel- oder Internetsucht ist bei Jugendlichen laut Statistiken ein wachsendes Problem, um dadurch Leben, Freude und Liebe zu spüren. Eine Spirale, die kein gutes Ende erahnen lässt.

Doch glücklicherweise erkennen immer mehr Menschen oder sogar Wissenschaftler und Nobelpreisträger, dass der Schlüssel, um sein Leben zu verlängern, darin liegt, sich selbst zu achten oder zu lieben. Und wer weiß, vielleicht entdeckt eines Tages einer der vielen Milliardäre, die über immer größeren Reichtum verfügen, die Liebe.

Selbstliebe und Gesundheit

Kristin Neff betrachtete 2003 in einem wissenschaftlichen Aufsatz den Einfluss von Selbstliebe für die Gesundheit, in dem sie objektive Kriterien absteckte und dabei die positiven Effekte gegen Depression und Angststörungen aufzeigte.

Sich selbst zu lieben kann also eine große Kraftquelle sein. Wir beginnen, positiver über uns selbst zu denken und uns wohler in unserer eigenen Haut zu fühlen. Das kann sich wiederum positiv auf unser Stresslevel auswirken.

Die großen Vorteile: Selbstliebe ist rezeptfrei, wirkt natürlich ohne Chemie und hat somit keine Nebenwirkungen.

 

Buchtipp: Prof. Dr. Elizabeth Blackburn, Prof. Dr. Elissa Epel: „Die Entschlüsselung des Alterns − Der Telomer-Effekt, Mosaik-Verlag 2017

Hinweis: Namen wurden geändert.

 Quelle:

 

Dieser Beitrag wurde von Maik Lindner verfasst. Er lebt am Stanberger See, arbeitet im sozialen und gesundheitlichen Bereich und ist Sachbuch- und Blogautor.

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