Psychopharmaka und Ernährung: Was ist zu beachten? In diesem Blogbeitrag möchte ich Ihnen einen kleinen Einblick in die Wechselwirkungen zwischen Psychopharmaka und Nährstoffen geben. Allerdings gibt es Wechselwirkungen zwischen einzelnen Arzneistoffen und Nährstoffen nicht nur bei Psychopharmaka, sondern auch bei vielen anderen Medikamenten. Interaktionen zwischen einzelnen Medikamenten sind vielen bekannt, aber es gibt auch nicht zu unterschätzende Wechselwirkungen mit einzelnen Lebensmitteln oder Nährstoffen. Diese sind teilweise sehr komplex und können gefährliche Folgen haben. Ich habe versucht, einige interessante Effekte aufzugreifen und auf die wichtigen Inhalte zu reduzieren.
Das CYP3A4-Enzym
Keine Einnahme von Psychopharmaka mit Grapefruitsaft
Bestimmt haben Sie schon einmal gehört: „Das darf man nicht mit Grapefruitsaft einnehmen.“ Das ist in vielen Fällen richtig, denn Grapefruit inhibiert (hemmt) ein zentrales Enzym, was bei der Metabolisierung (Umwandlung) von vielen Arzneistoffen essenziell ist: CYP3A4. Bei der gemeinsamen Einnahme kann es zu einer Wirkverstärkung von verschiedenen Psychopharmaka kommen, die durch CYP3A4 eigentlich abgebaut werden. Ein wesentlich größerer Teil ist für den Körper bioverfügbar, was zu einer Überdosierung führen kann und damit auch schwerwiegende Folgen haben kann. Aufgepasst werden muss u.a. bei:
- trizyklischen Antidepressiva (z.B. Amitriptylin)
- Benzodiazepine/Hypnotika (z.B. Alprazolam, Diazepam)
- Serotonin- Wiederaufnahmehemmer (SSRI, z.B. Fluoxetin)
- Antipsychotika (z.B. Clozapin, Haloperidol)
- und Phasenprophylaktika (z.B. Carbamazepin).
Das CYP3A4-Enzym, Johanniskraut & Antidepressiva
Das CYP3A4-Enzym wird auch durch Johanniskraut in der Leber induziert. Johanniskraut kann bei leichten bis mittelschweren Depressionen eingesetzt werden. Das kann ein Problem sein, wenn zusätzlich noch andere Antidepressiva eingenommen werden, die über CYP3A4 metabolisiert werden. Diese würden sehr schnell abgebaut werden und verlieren damit ihre Wirkung. Problematisch ist z.B., wenn das Antidepressivum Amitriptylin verschrieben wird, bei dem die Wirkung allerdings sehr langsam, erst nach ca. vier bis acht Wochen nach Therapiebeginn, eintritt. Wenn der Patient dann selbstständig auf Johanniskraut zugreift, das auch als Nahrungsergänzungsmittel frei verfügbar ist, um seine Depression selbst zu behandeln, kommt es zu einer Wirkungsaufhebung des eigentlichen Antidepressivums. Das kann fatale Folgen haben.
Wechselwirkung mit anderen Enzymen
CYP2A1-Enzym & Coffein
Neben dem Enzym CYP3A4 gibt es auch noch viele weitere Enzyme. So zum Beispiel CYP2A1. Das atypische Neuroleptikum Clozapin wird darüber metabolisiert ebenso wie Coffein. Wenn ein Patient Clozapin einnimmt und regelmäßig Kaffee trinkt und dann auf einmal keinen Kaffee mehr konsumiert, kommt es zu einer Wirkabschwächung. Daher ist in diesem Fall ein konstanter Kaffeekonsum anzustreben. Diese Art der Wechselwirkung kann aber auch in die andere Richtung gehen. Der selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) Fluvoxamin inhibiert das CYP2A1-Enzym. Das bedeutet, dass es die Coffein-Wirkung bei Kaffeekonsum verstärken kann.
Nebenwirkungen bei der Einnahme von Lithiumsalzen
Ein ganz anderer Mechanismus ist bei Lithiumsalzen zu beobachten. Es wird unter anderem bei bipolaren Störungen eingesetzt und dient als Komedikation bei Depressionen. Hier kann es zu einer Wechselwirkung zwischen Lithium (Li+) und Natrium (Na+) kommen, also auch mit dem Salzgehalt (NaCl) in der Nahrung. Die beiden Ionen konkurrieren in der Niere bei der Rückresorption miteinander. Bei einer salzarmen Ernährung wird vermehrt Lithium rückresorbiert. Damit steigt der Wirkspiegel des Lithiums an.
Das Problem hierbei ist die geringe therapeutische Breite. Bei Lithiumsalzen ist der Abstand zwischen einer therapeutischen Dosis und einer Dosis, die zu toxischen Effekten führen kann, sehr klein. Das heißt, dass schon minimale Konzentrationserhöhungen toxischen Effekte haben können. Bei einer salzreichen Ernährung dagegen, ist mehr Natrium da, was rückresorbiert wird. Dadurch wird mehr Lithium ausgeschieden und der Wirkspiegel sinkt, was ebenso kontraproduktiv ist. Außerdem kann es bei der Einnahme von Lithium, zu einem metallischen Geschmack im Mund kommen. Das kann die Nahrungsaufnahme eines Patienten zum Teil stark beeinträchtigen. Appetitlosigkeit ist die Folge.
cheese-Effekt
Ein weiteres Antidepressivum ist Tranylcypromin. Es ist ein MAO-Inhibitor (Monoaminooxidasen = mitochondriale Enzyme). Wenn bei der Einnahme dieses Medikaments gereifter Käse oder Rotwein konsumiert wird, kann es zu einer hypertonen Blutdruckkrise kommen. Dieser Effekt wird auch als „cheese-Effekt“ bezeichnet. Gereifter Käse und Rotwein enthalten Tyramin, was eigentlich auch durch MAO abgebaut wird. Wird MAO durch das Antidepressivum inhibiert, wird Tyramin nicht mehr abgebaut und es kommt durch verschiedene Mechanismen zu einer Blutdrucksteigerung.
Kaffee, schwarzer Tee & Psychopharmaka
Wie bereits erwähnt, kann der Konsum von Kaffee und schwarzem Tee zusammen mit verschiedenen Psychopharmaka problematisch sein. Es gibt aber auch noch andere Effekte, die nicht über die CYP-Enzyme wirken. Bei der Einnahme trizyklischer Antidepressiva und auch Neuroleptika kann es zu Wechselwirkungen mit Gerbstoffen kommen. Diese sekundären Pflanzenstoffe kommen z.B. im Kaffee und schwarzen Tee vor. Bei der gemeinsamen Einnahme kann es zu einer Präzipitat-Bildung, also einer Komplexbildung, kommen. Das lässt die Bioverfügbarkeit um teilweise 80 % sinken und die Wirkung wird so massiv beeinträchtigt.
Mikro-Nährstoff-Mangel bei trizyklischen Antidepressiva
Des Weiteren kommt es bei der Einnahme verschiedener Arzneistoffe zu einem Mikro-Nährstoff-Mangel. Besonders bekannt ist das bei trizyklischen Antidepressiva. Hier kommt es oft zu einem Vitamin-B12-Mangel durch eine erhöhte Ausscheidung einer beeinträchtigten Umwandlung von Vitamin B12 in seine enzymatisch aktive Form. Eine Vitamin-B12-Substitution kann in diesem Fall ratsam sein.
Alkohol & Psychopharmaka
Auch die Kombination von Alkohol und Psychopharmaka ist mit Vorsicht zu genießen. Hier kommt es zu einer Induktion bzw. Inhibition verschiedener Enzyme. Außerdem wird die Magenentleerung verlangsamt und die dämpfende Wirkung der Antidepressiva so verstärkt.
Empfehlungen zur Einnahme von Psychopharmaka
Die hier aufgezählten Beispiele sind nur ein kleiner Teil möglicher Wechselwirkungen von Lebensmitteln bzw. Nährstoffen und Psychopharmaka. Es ist wichtig, dass Patient*innen bei der Einnahme von Arzneimitteln auf mögliche Wechselwirkungen mit Lebensmitteln hingewiesen werden, sodass es zu keiner Wirkminderung aber auch keiner Überdosierung kommt.
Eine grundsätzliche Empfehlung ist die Einnahme in einer aufrechten Körperhaltung mit ausreichend viel Wasser – und keinem Kaffee, schwarzen Tee, Saft oder Alkohol dazu!
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Dieser Beitrag wurde von Anne Stoye verfasst. Sie ist Assistentin der Geschäftsleitung Ausbildung der Deutschen Heilpraktikerschule Leipzig.
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