Der Aderlass

Der Aderlass gehört zu den ältesten Heilmethoden. Das Ausleitungsverfahren wird laut Überlieferung bereits seit 3000 v. Chr. mit Erfolg in der indischen Medizin angewendet. In der Antike empfahl Hippokrates diese Methode als eines der wichtigsten konstitutionsverbessernden Therapien. Ausgangspunkt des Aderlass bildet die Lehre der vier Körpersäfte (Blut, Schleim, Galle und Luft). Hier wurde davon ausgegangen, dass eine fehlerhafte Zusammensetzung der Körpersäfte (Dyskrasie) sowie eine vorhandene Blutfülle (Plethora) Ursache für Erkrankungen sein können.

Von 1860 bis 1910 verschwand der Aderlass aus der klinischen Therapie und nach dem Ersten Weltkrieg wiederbelebt. Der Gynäkologe Bernhard Aschner erforschte in den 1920 – 1930’er Jahren die noch heute gültigen und angewandten Indikationen. Aschner prägte erfolgreich das moderne Verständnis vom Aderlass und eröffnete damit den (Wieder-)eintritt in die Naturheilkunde.

Der Aderlass zählt neben der Blutegeltherapie, dem Schröpfen und dem Baunscheidtieren zu den klassischen Ausleitungsverfahren. Er ist längst keine unhygienische oder gar blutige Angelegenheit mehr. Denn heutzutage wird dem Patienten mittels einer hygienisch einwandfreien Kanüle eine Menge von etwa 250 – 500 ml/l Blut abgenommen. Dabei richtet sich die Entnahme-Menge nach Alter, Konstitution und Krankheitszustand des Patienten. Dem Aderlass folgt meist ein angenehmes Schweregefühl. Außerdem kann es zum Schweißausbruch kommen. Später stellt sich zudem ein Schlafbedürfnis ein.

Wann ist ein Aderlass sinnvoll?

Dieses Ausleitungsverfahren wird nur noch bei wenigen Erkrankungen eingesetzt. Hierzu zählen unter anderem eine krankhaft erhöhte Zahl der roten Blutkörperchen (Polyglobuli), eine genetisch bedingte Erhöhung des Bluteisens (Hämochromatose) oder auch Erkrankungen des Stoffwechsels und des Kreislaufs.

Ein Aderlass sollte auf keinen Fall bei Blutarmut, Wassermangel, akutem Durchfall, dauerhaft niedrigem Blutdruck, bei Kindern und sehr alten Patienten sowie bei allgemeiner Körperschwäche oder onkologischen Erkrankungen angewendet werden.

Wie wirkt der Aderlass?

Der gewollte Blutverlust verbessert die Fließeigenschaften und die Sauerstoffaufnahme des Blutes.
Nach dem Aderlass kommt es zu einem verstärkten Einstrom von Gewebsflüssigkeit in die Blutbahn. Dadurch nimmt die Viskosität des Blutes ab und der Gehalt an Kochsalz, Fett, Zucker und gerinnungsfördernden Blutbestandteilen zu.

Es werden darüber hinaus körperfremde, zwischen den Körperzellen abgelagerte Toxine und Stoffwechselendprodukte (u.a. Eiweiße) vermehrt ausgeschwemmt. Die Zahl der Leukozyten und Thrombozyten steigt an. Die verlorengegangenen Blutkörperchen werden rasch ersetzt.